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Im Einsatz für die Festung Schaffhausens erste Munotwächterin geht in Pension

Sie wachte als erste Frau auf dem Munot, nun hört Karola Lüthi Ende Monat auf. Ein Gespräch über prägende Munot-Momente.

Sie ist Glockenläuterin, aber auch Historikerin, Touristenbetreuerin und Hauswartin. Karola Lüthi ist seit Frühling 2017 Munotwächterin. Als erste Frau übernahm sie diese traditionelle Aufgabe im Schaffhauser Wahrzeichen. Sie musste tagtäglich das Munotglöckchen läuten und weitere betriebliche Aufgaben erfüllen. Ende Monat geht sie nun in Pension. Im Interview mit SRF schaut sie auf ihre wichtigsten Momente zurück.

Karola Lüthi

Munotwächterin

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Karola Lüthi wacht seit dem Frühling 2017 auf dem Munot, als erste Frau in der Geschichte von Schaffhausen. Zu ihren Aufgaben auf dem Schaffhauser Wahrzeichen gehören das tägliche Läuten des Munotglöckchens sowie Unterhalt und Betrieb des Munots. Nun geht sie in Pension. Ihre Nachfolge übernimmt Sabine Hinz, die mit Mann und Kindern auf den Munot zieht.

SRF News: Karola Lüthi, Sie sind noch drei Wochen Chefin auf dem Munot. Wie geht es Ihnen damit?

Karola Lüthi: Ich habe mich schon länger mit dieser Frage befasst. Das Gefühl ändert sich mit dem Wissen, dass Ende Monat fertig ist. Es geht mir nicht schlecht. Es ist irgendwie ein bisschen eigenartig.

Als Sie 2016 ins Amt gewählt wurden, sagten Sie, dass für Sie ein Traum in Erfüllung gehe. War es ein Traumjob?

Ich wusste zu Beginn nur, dass man ein paar Sachen machen muss: Jeden Tag die Hirsche zweimal füttern, das Glöckchen läuten. Aber wie es sich anfühlt, ist eine andere Schublade. Da bin ich schon auf die Welt gekommen, weil es wirklich viel zu tun gibt.

Historische Steinburg mit Turm unter blauem Himmel.
Legende: Die Wohnung im Schaffhauser Wahrzeichen Munot hat die wohl schönste Aussicht in ganz Schaffhausen. SRF / Roger Steinemann

Aber es war kein Albtraum?

Nein. Ich will es nicht missen. Es war lässig, spannend. Unvergesslich.

Jeden Abend um neun Uhr mussten Sie das Munotglöckchen von Hand läuten. Haben Sie sich nie gedacht: Jetzt wäre ich lieber im Kino?

Das soziale Leben am Abend ist tatsächlich um die Glocke herum organisiert. Aber ich finde das gar nicht schlimm. Hätte ich einen Hund, müsste ich auch jeden Abend raus. Und auch das würde mich manchmal anöden.

Das soziale Leben am Abend ist tatsächlich um die Glocke herum organisiert.

Die Feste im Sommer machen sowieso so viel Arbeit, dass du zum Beispiel gar nicht an Familienfeste gehen kannst. Daher bin ich jetzt ganz erstaunt, dass ich diesen Sommer schon zwei Einladungen annehmen konnte, die ich früher nie hätte annehmen können.

Am Frauenstreiktag im Juni 2019 haben Sie das Glöckchen nicht geläutet. Daraufhin kam es in Schaffhausen zu politischen Vorstössen. Wie geht es Ihnen heute damit?

Als ich die Idee dazu hatte, hat mein Mann Ruedi zu mir gesagt: «Nein. Das kannst du nicht machen.» Ich selbst hatte auch ein wenig Angst davor. Ich will ja keine Schindluder treiben mit dem Glöckchen, weil es wirklich eine Ehre ist. Aber ich habe die Idee so gut gefunden, dass ich es durchziehen wollte.

Person hisst eine lila Flagge vor einer Hauswand.
Legende: Karola Lüthi setzte 2019 am Frauenstreiktag ein Zeichen und verzichtete darauf, dass Munotglöckchen zu läuten. SRF / Roger Steinemann

Sie haben viele Aufgaben als Munotwächterin. Eine ist es, am Abend abzuschliessen. Jemanden eingeschlossen haben Sie noch nie?

Auf jeden Fall nicht absichtlich. Eines Tages hatte ich es eilig, bin raus und habe gemerkt, dass ich das Portemonnaie vergessen hatte. Ich bin also wieder rein und da kam mir jemand entgegen. Gott sei Dank musste er nicht lange warten und er war auch noch guter Dinge. Da habe ich gemerkt: Oh, der ging mir jetzt durch die Lappen.

Eine Nachbarin hatte gesehen, dass eine Frau auf dem Baum sass und nach Hilfe rief.

Sie mussten auch einmal eine Touristin von einem Baum retten, die für ein Selfie über die Brüstung geklettert war …

Eine Nachbarin rief mich an. Sie hatte gesehen, dass eine Frau auf dem Baum sass und nach Hilfe rief. Sie stand ein wenig unter Schock und traute sich wohl wegen der Hirsche nicht runter. Ich bin dann in den Hirschengraben, habe die Hirsche weggesperrt und die Ambulanz gerufen. Das war schon wahnsinnig aufregend.

Person in roter Jacke auf steinerner Treppe.
Legende: Absichtlich habe Karola Lüthi niemanden im Munot vergessen, sagt sie in der sogenannten Reitschnecke, dem Aufgang zur Zinne. SRF / Roger Steinemann

Was werden Sie persönlich am meisten vermissen?

Die einzigartige Lage. Ich hatte oft schöne, ruhige Momente – zum Beispiel am Morgen, als ich beim Kaffeetrinken über den Rhein schauen konnte und die Sonne aufging.

Das Gespräch führte Roger Steinemann.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 8.4.2025, 12:03 Uhr ; 

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