- Im vergangenen Corona-Jahr sind die meisten gängigen Infektionskrankheiten stark zurückgegangen.
- Das zeigt eine neue Auswertung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG).
- Grund dafür sind die Einschränkungen während der Pandemie – aber auch persönliche Verhaltensänderungen.
Rund 30 Prozent weniger HIV-Infektionen, rund 60 Prozent weniger Pneumokokken-Erkrankungen – und das sind keine Einzelfälle. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat 16 Infektionskrankheiten untersucht, die am häufigsten vorkommen. Bei fast allen zeigte sich einen Rückgang, und zwar um 15 bis 90 Prozent gegenüber den Zahlen der Vorjahre. Einzige Ausnahme: die durch Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die zunahm.
Mark Witschi, Leiter Impfempfehlungen und Bekämpfungsmassnahmen der Abteilung übertragbare Krankheiten des BAG sagt zu den tieferen Ansteckungszahlen: «Dieser Rückgang ist primär damit zu erklären, dass während der Pandemie einerseits Hygienemassnahmen getroffen wurden und deswegen übertragbare Krankheiten weniger übertragen wurden.»
Andererseits sei es denkbar, dass einige Erkrankungen nicht erfasst wurden, weil viele Leute im letzten Jahr auf den Gang in die Arztpraxis verzichteten. Dieser zweite Effekt sei aber mit grosser Wahrscheinlichkeit insgesamt kleiner, sagt Witschi.
«Positiver» Effekt der Einschränkungen
Einfach erklärbar ist, dass Ansteckungen abnahmen, die über die Atemwege erfolgen. Das Maskentragen hat sie weitgehend gebremst, weshalb es im Winter auch nicht zu einer Grippewelle kam. Ebenso wenig überraschend ist der Rückgang von Tropenkrankheiten wie Denguefieber und Malaria: Das Reisen in ferne Länder fiel praktisch weg.
Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Leute auch in Zukunft ihre Hände eher waschen oder im ÖV weiter eine Maske tragen werden.
Erstaunlicher ist aber, dass auch Durchfallerkrankungen, die über Lebensmittel übertragen werden, zurückgingen. Das erklärt das BAG damit, dass die Bevölkerung konsequenter die Hände gewaschen hat. Ebenso nahm die Zahl der gemeldeten sexuell übertragenen Krankheiten wie HIV oder Chlamydien ab. Das führt das BAG auf seltenere Kontakte zwischen den Menschen zurück – oder auch darauf, dass erkrankte Personen seltener zum Arzt oder zur Ärztin gingen.
Sind wir in Zukunft vorsichtiger?
Was heisst das für die Zukunft? Gut möglich, dass nach der Pandemie alles wieder ist wie vorher. Mark Witschi vom BAG sagt: «Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Leute auch in Zukunft ihre Hände eher waschen oder im ÖV weiter eine Maske tragen werden. Das wird dazu beitragen, dass zum Beispiel die respiratorisch übertragenen Krankheiten reduziert werden.»
Die Pandemie hat die Verbreitung anderer Infektionskrankheiten gebremst. Je nachdem wie sich die Bevölkerung danach verhält wird es so bleiben, oder auch nicht.