Eines ist laut den Bundesbehörden klar: Die in der Schweiz verwendeten Impfstoffe wirken nach wie vor sehr gut. Der Impfschutz mit einer vollständigen Impfung mit zwei Dosen betrage weiterhin über 90 Prozent. «Die breite Bevölkerung braucht zurzeit keine Auffrischimpfung», sagt Christoph Berger, Präsident der eigenössischen Kommission für Impffragen (Ekif).
Swissmedic, die Zulassungbehörde für Heilmittel hat die Drittimpfungen der Hersteller Pfizer/Biontech und Moderna aber dennoch für besonders gefährdete Personen ab 12 Jahren zugelassen. Als besonders gefährdet gelten Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Krebs oder auch Herz-, Kreislauf- und Lungenproblemen. Die wissenschaftliche Taskforce des Bundes schätzt, dass sich damit möglicherweise rund 10'000 bis 20'000 Hospitalisierungen verhindern lassen. Die Zulassung gilt für alle Personengruppen, die besonders gefährdet sind.
Allerdings: Trotz Zulassung für Jüngere empfiehlt der Bund die Auffrischungsimpfung nur für Personen über 65. Zurzeit würden die Daten einzig belegen, dass der Impfschutz generell bei Menschen über 80 Jahren und im Speziellen solchen über 65 Jahren, welche die erwähnten Vorerkrankungen haben, leicht nachlasse, sagt Ekif-Präsident Berger. «Für die erwachsene Bevölkerung unter 65, mit und ohne Grundkrankheiten, gibt es keine Evidenz, dass der Schutz nachgelassen hat.» Einfachheitshalber haben man aber nun für alle Menschen über 65 Jahren, auch für solche ohne Vorerkrankungen, die dritte Impfung empfohlen, sagt Berger.
Warum aber sollen gesunde Über-65-Jährige ein drittes Mal geimpft werden, 50-Jährige, zum Beispiel mit Herzproblemem hingegen nicht? Und was geschieht, wenn der 50-Jährige mit Herzproblemen bei seinem Arzt die dritte Impfung verlangt, weil sie ja für besonders Gefährdete ab 12 Jahren zugelassen ist? Impfkommissions-Präsident Berger antwortet auf diese Frage: «Die Ekif macht eine Empfehlung. Die Entscheidung, was zwischen Arzt und Patient geschieht, ist etwas, das die Ekif weder kontrollieren noch vorschreiben kann.»
Die dritte Dosis soll frühestens sechs Monate nach vollständiger Impfung erfolgen. Alle berechtigten Personen können sich laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) ab Anfang November zur Auffrischungsimpfung anmelden. «Die vom Bund zur Verfügung gestellten IT-Systeme für die Anmeldung, Dokumentation und das Monitoring werden bis dann funktionsbereit sein.»
Ob und wann die dritte Impfdosis auch für Menschen unter 65 mit intaktem Immunsystem kommt, ist offen. Im «Einzelfall» sei eine dritte Impfung bei unter 65-jährigen Personen – nach ärztlicher Absprache – aber möglich.
Genügend Impfstoff für Drittimpfungen für die breite Bevölkerung wäre jedenfalls vorhanden. Der Bund hat sich für das nächste Jahr je sieben Millionen Impfdosen von Moderna und Biontech/Pfizer gesichert. Das BAG schreibt: «Die Schweiz verfügt über genügend Impfstoffe, um 2021 und 2022 allen Personen, denen eine Auffrischungsimpfung empfohlen wird, und all jenen, die sich bisher noch nicht impfen liessen, eine Impfung anzubieten.» Die Ekif empfiehlt die Drittimpfung mit dem gleichen Impfstoff wie bei den ersten zwei Impfungen durchzuführen.