Die Schweiz ist zurück in der Normalität. Doch weg ist das Virus nicht. Das zeigen die steigenden Neuansteckungen seit Anfang März.
Christian Münz weiss, was es braucht, um vorbereitet zu sein für eine allfällige Impfung im Herbst. Der Professor für virale Immunbiologe an der Universität Zürich und Leiter der Expertengruppe Immunologie der nationalen Covid-Taskforce sagt: «Wichtig ist es, die schweren Verläufe zu überwachen, zu schauen, welche Mutationen es in der Schweiz gibt und wie die Immunität der Bevölkerung ist in Bezug auf die verschiedenen Virus-Varianten.»
Reichen Antikörper-Tests zur Messung der Immunität?
Die Immunität in der Bevölkerung misst Milo Puhan. Der Direktor des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich leitet Corona Immunitas – eine Zusammenarbeit von Schweizer Universitäten und Hochschulen. In den nächsten Monaten werden Stichproben in den Kantonen Zürich, Tessin und Waadt gemacht.
«An jedem Standort werden wir 800 Teilnehmer haben, je 200 in einer Altersgruppe.» 16- bis über 65-jährige Personen würden daran teilnehmen, sagt Puhan. «Wir werden die Antikörper und die neutralisierenden Antikörper messen, um zu schauen, wie hoch die Immunität ist, auch gegenüber verschiedenen Varianten wie Omikron.»
Die Omikron-Welle hat gezeigt, dass diagnostische Antikörper-Messungen keine verlässliche Aussage über den vorhandenen immunologischen Schutz ermöglichen.
Das reicht der nationalen Covid-Taskforce nicht. In einem Bericht schreibt sie: «Die Omikron-Welle hat gezeigt, dass diagnostische Antikörper-Messungen keine verlässliche Aussage über den vorhandenen immunologischen Schutz ermöglichen.»
Christian Münz sagt: «Zum Beispiel sollte man sogenannte T-Zellen-Antworten – also zusätzliche Immun-Antworten, die vor Corona schützen – in grösseren Mengen charakterisieren, um ein Gesamtbild des Immunsystems zu bekommen.» Puhan bestätigt die Aussage, sagt aber, die Entnahme und Analyse sei aufwändiger als bei den Antikörper-Tests. «Deshalb sind diese Tests nicht ideal für grosse Studien.»
Kantone und Forschende wollen mehr Geld und Daten
Für Christian Münz liegt das Problem bei den fehlenden Kapazitäten. «Dadurch, dass alle Forschungen im Moment an Universitäten angesiedelt sind, wurden die Tests in der Vergangenheit oftmals von den dort angestellten Personen als Nebenbeschäftigung analysiert.» Deshalb will er, dass die Kapazitäten ausgebaut werden. «Letztendlich ist es eine Budget-Frage, weil es unter Umständen halt notwendig ist, ausreichende Personen anzustellen.»
Wir brauchen auf jeden Fall mehr Evidenz, mehr verlässliche Daten.
Auch Barbara Grützmacher möchte einen Ausbau der Forschungen. Die Berner Kantonsärztin ist Vizepräsidentin der Vereinigung Kantonsärztinnen und Kantonsärzte Schweiz. «Wir wollen wissen, ob die Bevölkerung immun ist, wenn eine neue Welle kommt. Und wenn sie nicht immun ist, dann möchten wir allenfalls wieder impfen.» Kurz gesagt: «Wir brauchen auf jeden Fall mehr Evidenz, mehr verlässliche Daten.»