- Das Seco bewilligte im Herbst 2017 den Export von heikler Überwachungstechnik nach Indonesien im Wert von über 13 Millionen Franken.
- Dabei handelt es sich um ein Update von sogenannten IMSI-Catchern.
- Exporte gingen auch an umstrittene Länder wie Pakistan und Äthiopien.
- Generell ist die Ausfuhr von Überwachungstechnik aber gesunken. Grund dafür ist eine Verordnung des Bundesrats.
Es sind kleine Geräte mit grosser Wirkung: sogenannte IMSI-Catcher. Die Koffer, gespickt mit Überwachungstechnik, können Handys in ihrer Umgebung orten und identifizieren. So lassen sich damit Gespräche und Textnachrichten abhören oder manipulieren. Weil sie auch für kriegerische Zwecke eingesetzt werden können, stehen IMSI-Catcher auf der Liste der Dual-Use-Güter und damit unter besonderer Exportkontrolle.
Seit dem Jahr 2015 bewilligte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) den Export von 26 dieser High-Tech-Geräte. Jetzt zeigen neue Zahlen: Eine Bewilligung für Güter über 13 Millionen Franken erhielt auch Indonesien. Dabei handelt es sich um ein Update eines Einkaufs von 2011, offiziell zum Einsatz gegen Terrorismus. Das Land fiel aber immer wieder durch die Überwachung von Aktivisten, oppositionellen Politikern und Journalisten auf – etwa 2011 auf Papua, wie ein Bericht von Human Rights Watch zeigt. Indonesien wurde einer rigiden Prüfung unterzogen und für exportwürdig erklärt, lässt das Seco verlauten.
Nachdem die Schweiz immer wieder Überwachungstechnik an fragwürdige Kunden bewilligte, beschloss der Bundesrat im Mai 2015 eine Verordnung, um die Ausfuhr von Gütern zur Internet- und Mobilfunküberwachung strenger zu kontrollieren. Mit der Verordnung wollte der Bundesrat verhindern, dass die Käufer der Schweizer Technik diese zu Repressionszwecken missbrauchen, etwa gegen Journalisten, Dissidenten oder oppositionelle Politiker. In den Daten lassen sich mindestens 85 Bewilligungen von Gütern identifizieren, welche unter die Verordnung fallen.
Nur gerade sieben Lieferungen wurden in den letzten drei Jahren verhindert: Ein mehrteiliger Auftrag im Wert von rund 88'000 Franken nach China, sowie Exporte nach Bangladesch, Thailand, Vietnam und die Türkei. Dabei handelte es sich vor allem um IMSI-Catcher und zugehörige Software.
Weniger rigide wurde bei anderen Technologien, etwa Decodiergeräten, entschieden. So bewilligte das Seco den Export von Decodiergeräten nach Äthiopien. Das Regime des Landes ging in der Vergangenheit wiederholt mit Überwachungstechnik gegen seine Bürger vor. Gemäss einem Bericht des kanadischen Forschungslabors Citizen Lab hat die Regierung unter anderem Spionagesoftware gegen die Fernsehstation ESAT eingesetzt. Und ein soeben erschienener Bericht des Citizen Labs beschreibt die Überwachung von zahlreichen äthiopischen Dissidenten und Journalisten durch die äthiopische Regierung.
In ihrem Bericht halten die Forscher fest: «Der gewohnheitsmässige Missbrauch von Überwachungstechnik durch die äthiopische Regierung gegen Ziele der Zivilgesellschaft ist ein Beweis für das Fehlen von Konsequenzen für solches Verhalten von Staaten und die Komplizenschaft der kommerziellen Überwachungstechnologie-Industrie, welche sie beliefert.» Sie raten Firmen ab, das autoritäre Regime mit Überwachungstechnik zu beliefern. Auf der Rangliste der Pressefreiheit 2017 von Reporter ohne Grenzen befindet sich Äthiopien auf Platz 150 von 180.
Gemäss Seco ist die Hürde für das Verweigern von Exporten bei Decodiergeräten höher als bei IMSI-Catchern. Die Geräte könnten keine Smartphones abhören. Im konkreten Fall von Äthiopien hätten ausserdem keine repressionsrelevanten Erkenntnisse des Empfängers vorgelegen, sagt Jürgen Böhler vom Seco: «Deshalb konnte das Geschäft nicht abgelehnt werden.» Und er zieht ein Fazit. Die Verordnung des Bundesrats habe dazu beigetragen, dass mehrere Firmen die Schweiz verlassen hätten, sagt Böhler. Die Anfragen für den Export von Überwachungstechnologie seien dementsprechend zurückgegangen.
2019 läuft die bundesrätliche Verordnung aus. Das Parlament muss dann entscheiden, ob es die Regelung beibehalten, lockern oder zusätzlich verschärfen will.
Exporte im Umfang von 440 Millionen Franken bewilligt
Die Daten des Seco geben auch Auskunft über die Exporte von anderen «Dual-Use-Gütern» und «besonderen militärischen Gütern». Im letzten Jahr wurden solche Exporte im Wert von rund 440 Millionen Franken bewilligt. Das ist deutlich weniger als in den Jahren zuvor.
Die Daten geben ein detailliertes Bild über die Exportpolitik des Bundes und eine Übersicht darüber, welche Länder an welchen Gütern interessiert sind – und in welchem Umfang. Besonders beliebt sind Trainingsflugzeuge und Simulatoren, vorderhand exportiert nach Saudi-Arabien, Indien und Katar.
Die Datenbank des Seco beinhaltet ausschliesslich die Bewilligungen der Geschäfte und keine Angaben darüber, was effektiv ausgeführt wurde. Ebenso fehlen Güter, die als Kriegsmaterial gelten. Ein Teil der Aufträge sind so umfassend, dass ihre Ausführung mehrere Jahre dauert.