Das Affenpocken-Virus breitet sich auf der ganzen Welt immer mehr aus. In der Vergangenheit hätten Infektionskrankheiten schon oft den Weg in die breite Bevölkerung gefunden, sagt Jan Fehr, Infektiologe, Professor an der Universität Zürich und Leiter des Departements Public und Global Health in der SRF-Talksendung «Tagesgespräch». «Die Affenpocken gehen alle etwas an.»
Wöchentlich rund 50 neue Fälle
Die aktuell am stärksten betroffene Bevölkerungsgruppe sind Männer, die Sex mit Männern haben, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf seiner Website. Trotzdem ist Fehr überzeugt, dass die Affenpocken auch andere Bevölkerungsgruppen befallen können. Denn: Die Fallzahlen steigen, die WHO hat einen internationalen Notstand ausgerufen.
In der Schweiz gibt es immer mehr Fälle von Affenpocken, knapp 400 Personen haben sich in den letzten drei Monaten mit dem Affenpocken-Virus infiziert, wöchentlich kommen rund 50 neue Infektionen dazu.
Pink Cross, der Dachverband der homo-und bisexuellen Männer, fordert den Bundesrat auf, den bereits in vielen Ländern verfügbaren Impfstoff zu beschaffen. Noch immer fehlt es in der Schweiz an einer Impfung und an genügend Medikamenten gegen die Affenpocken.
Unter dem Strich sind wir in der Schweiz in einer Situation, in der wir nicht zufrieden sein können.
Jan Fehr kritisiert im «Tagesgespräch» die Passivität der Behörden: «Unter dem Strich sind wir in der Schweiz in einer Situation, in der wir nicht zufrieden sein können.» Die Schweiz sei hochprofessionell, was Therapien und die Spitzenmedizin angehe, aber in der Prävention sei sie zu langsam.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) sprach sich bereits für eine zentrale Beschaffung der Impfung aus. Allerdings hat der Bundesrat das letzte Wort, entschieden wurde noch nichts.
Weltweit acht Tote
Anders als beim Coronavirus braucht es mehr als nur Luft, um die Krankheit zu übertragen: engen Kontakt, eine nasse Aussprache, Sex. Spanien meldete bisher zwei Tote aufgrund der Affenpocken. Das sind die ersten Todesfälle in Europa. Weltweit wurden seit Mai acht Tote registriert.
Die weltweite Verbreitung der Affenpocken ist ungewöhnlich, bisher war sie im Wesentlichen auf sechs afrikanische Länder beschränkt.
«Durch die Klimaerwärmung hat sich der Lebensraum vieler Tiere verändert, sie kommen in Kontakt mit anderen Tieren, verbreiten neue Viren, welche dann schliesslich auf die Menschen übertragen werden.»
Zunahme von Zoonosen befürchtet
Im «Tagesgespräch» sagt der Infektiologe Jan Fehr, Krankheitsausbrüche wie die Affenpocken werden zunehmen. «Die Affenpocken sind eine Zoonose, und rund 75 Prozent aller Ausbruchskrankheiten rühren von Zoonosen her.» Also von Infektionskrankheiten, welche zwischen Tieren und Menschen übertragen werden.
«Durch die Klimaerwärmung hat sich der Lebensraum vieler Tiere verändert, sie kommen in Kontakt mit anderen Tieren, verbreiten neue Viren, welche dann schliesslich auf die Menschen übertragen werden.»
Die Verbreitung von Viren aus dem Tierreich sei ein globales Problem. «Die Frage ist, wie gut sind wir darauf vorbereitet». Die Schweiz sei da noch kein gutes Beispiel, sagt Infektiologe Fehr.