175 Jahre alt wird die Bundesverfassung in diesem Jahr. Das sei ein guter Zeitpunkt, um der Schweiz ein Geschenk zu machen, sagt Daniel Graf, der in der Vergangenheit zahlreiche Politkampagnen erfolgreich orchestriert hat: «Die Zeit ist reif für ein Update der Schweiz.» Für dieses «Update» hat sich Graf mit Michel Huissoud zusammengetan.
Ich kämpfe seit 20 Jahren, um die Verwaltung besser zu machen.
Das ist der ehemalige Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle, der im letzten Sommer in Pension gegangen ist. Vom Ruhestand will Huissoud aber nichts wissen: «Ich kämpfe seit 20 Jahren, um die Verwaltung besser zu machen und immer wieder heisst es, die beste Lösung würde eine Bundesverfassungskompetenz benötigen.»
Digitalisierung sei vernachlässigt worden
Huissoud sagt weiter: «Niemand macht das und ich habe gedacht: Jetzt muss ich das tun!» Das Duo Huissoud und Graf will deshalb die «Update Schweiz»-Initiative anstossen. Sie verlangt, dass die Bundesverfassung völlig neu geschrieben wird. Die letzte Totalrevision sei mittlerweile 24 Jahre her, sagt Huissoud.
«Die Digitalisierung wird in der heutigen Verfassung total vernachlässigt», so Huissoud. Würde die «Update Schweiz»-Initiative vom Volk angenommen, müsste ein neu gewähltes Parlament eine modernisierte Bundesverfassung entwerfen. Das soll aber nicht im völlig leeren Raum geschehen.
Die Zeit ist reif für ein Update der Schweiz.
Darum sollen bereits während der Unterschriftensammlung Tausende von Bürgerinnen und Bürgern auf Onlineplattformen Ideen entwerfen, sagt Campaigner Graf: «Menschen sollen Vorschläge machen können, was für sie in einer solchen neuen, zeitgemässen Verfassung wichtig wäre.»
Mitbestimmung durch Vorschläge und Abstimmung
«Vorschläge sollen dann von den Menschen bewertet werden können und konsultative Abstimmungen möglich sein», erklärt Graf weiter. Noch in diesem Monat seien in grossen Städten der Schweiz erste Kick-off-Veranstaltungen geplant, kündigt Huissoud an.
Haben solche Vorlagen überhaupt eine Chance in der Schweiz?
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Eine Verfassungsänderung in der Schweiz, die durchs Stimmvolk angestossen wird, ist eher eine Seltenheit. Das sagt Philipp Burkhardt. Der SRF-Bundeshausredaktor schätzt die Chancen dieser Initiative ein.
SRF News: Hat es schon einmal so etwas wie ein «Update Schweiz» gegeben?
Philipp Burkhardt: Totalrevisionen der Bundesverfassung hat es in ihrer 175-jährigen Geschichte zwei gegeben – zuletzt vor 24 Jahren. Jedoch ist keine dieser Revisionen vom Volk angestossen worden. Ein einziges Mal hat das Schweizervolk bisher über eine Volksinitiative abgestimmt, die eine Totalrevision verlangte, nämlich 1935. Eingereicht hatten sie damals konservative Kreise, die teilweise mit Nazideutschland sympathisierten. Das Schweizer Volk – damals waren es noch ausschliesslich Männer, die abstimmten durften – verwarf die Idee sehr deutlich mit über 72 Prozent Nein-Stimmen.
Wie gross sind die Chancen dieser neuen Initiative?
Interessant ist, dass es für eine solche Initiative eine Spezialregelung in der Bundesverfassung gibt. Das ist anders als bei normalen Volksinitiativen, wo nicht nur eine Mehrheit des Stimmvolks, sondern auch eine Mehrheit der Kantone zustimmen muss. Bei dieser Initiative ist nur ein Volksmehr nötig. Das senkt natürlich die Hürde für eine Annahme. Dafür aber ist eine solche Initiative eine Blackbox. Man stimmt nur über den Startschuss zur Totalrevision ab. Welchen Inhalt dann die neue Verfassung hätte, das weiss man zum Zeitpunkt der Abstimmung nicht. Ob das eine Mehrheit des Stimmvolkes wirklich elektrisieren kann, das scheint mir doch fraglich.
Für den Fall, dass die Initiative angenommen würde, wie ginge es dann weiter?
Dann müsste ein völlig neues Parlament die neue Bundesverfassung ausarbeiten. Die Verfassung sieht für diesen Fall nämlich noch einmal eine Besonderheit vor: Wird eine Volksinitiative für eine Totalrevision angenommen, müssen sofort Neuwahlen für National- und Ständerat stattfinden und auch der Bundesrat muss neu gewählt werden. Wenn der Abstimmungstermin also nicht per Zufall in ein Wahljahr fällt, würde ausserhalb des normalen Wahlzyklus das Parlament neu zusammengesetzt werden müssen. Die etablierten Parteien dürften wenig Interesse daran haben, wenn man bedenkt, welchen Aufwand und welche Kosten Wahlkämpfe verursachen.
Im September sollen die Onlineplattformen zum Sammeln von Ideen aufgeschaltet werden, so Huissoud: «Für uns ist wichtig, die Baustelle zu öffnen. Wir haben ein paar Ideen. Wir möchten aber wirklich alle einladen, mitzuarbeiten und mitzudenken.» Der eigentliche Start der Unterschriftensammlung ist dann für März im nächsten Jahr geplant.
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