- Mit einem Inländervorrang für Stellensuchende soll die Einwanderungsinitiative der SVP (MEI) umgesetzt werden.
- Noch immer wird diskutiert, wie die Gesetzesbestimmung im Detail angewendet werden soll.
- Ein Vorbild könnte Genf sein: Dort gibt es einen Inländervorrang für Verwaltung und öffentliche Institutionen.
- Doch ausgerechnet jetzt gerät dieses so genannte Genfer Modell unter Druck.
In Genf muss die Verwaltung, aber auch das Spital oder das öffentliche Transportunternehmen, offene Stellen zuerst dem kantonalen Arbeitsamt melden. Maximal fünf vorgeschlagene Arbeitslose müssen anschliessend zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Absagen müssen schriftlich begründet werden. Öffentlich dürfen die Stellen erst zehn Tage später ausgeschrieben werden.
Die Genfer Massnahmen richten sich vor allem gegen Grenzgänger. Doch nun machen diese Grenzgänger in Genf via Gewerkschaften Druck. Sie bestehen auf dem geltenden EU-Recht, sich ebenfalls in der Schweiz bei regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) anzumelden und so gleichzeitig wie die Inländer von offenen Stellen zu erfahren.
Unia setzt sich für Grenzgänger ein
Recherchen von Radio RTS ergaben, dass Grenzgänger bei den RAV abgewiesen worden waren. Alessandro Pelizarri, Regionalsekretär der Gewerkschaft Unia in Genf, bestätigt, letzten Dezember auf diese illegale Praxis aufmerksam gemacht worden zu sein. Daraufhin habe er beim Kanton Genf interveniert.
Eingeführt hatte den Genfer Inländervorrang Staatstrat Mauro Poggia. Er gehört der rechten Protespartei MCG an. Poggia widerspricht der Darstellung der Unia und sagt, es seien keine Grenzgänger bei regionalen Arbeitsvermittlungsstellen abgewiesen worden. In Genf spiele sich alles innerhalb der Legalität ab. Ausserdem würden – auch wenn es dies nicht erste Priorität habe – auch Grenzgänger bei der Arbeitssuche unterstützt.
Melden ja – aber keine Einladung und Begründung
Doch untergräbt dies nicht die Absicht des «Genfer Modells», Inländer bei der Stellenvergabe zu bevorzugen? «Nein», sagt Staatsrat Poggia. Denn auch wenn davon auszugehen sei, dass sich in Zukunft mehr Grenzgänger beim RAV einschrieben und so gleichzeitig wie Ansässige über offene Stellen informiert würden: Nach wie vor würden nur bereits in der Schweiz lebende Arbeitssuchende von der Einladungspflicht zu Vorstellungsgesprächen und den schriftlichen Begründungen bei Absagen profitieren.
Das komplizierte System von Genf soll also dazu führen, dass der abgeschwächte Inländervorrang nach wie vor greift. Doch es ist genau dieses komplizierte System, das national bei der Umsetzung der MEI für die grössten Diskussionen sorgt, weil man einen grossen administrativen Aufwand befürchtet.