- Im Kampf gegen den Fachkräftemangel suchen Schweizer Spitäler im Ausland Personal.
- Spezialisierte Firmen rekrutieren Pflegefachleute etwa in Polen.
- Gegen diese Rekrutierungen gibt es auch Vorbehalte.
Es ist der Job von Grazyna Scheiwiller und ihrem Team, in Polen Pflegefachleute zu finden und sie in die Schweiz zu holen. Scheiwiller ist Geschäftsführerin der Firma Carenea, die seit einem knappen Jahr von Zürich aus Personal rekrutiert. Ausbildungszentren in Warschau, Krakau und Breslau sollen Kandidatinnen und Kandidaten auf einen Job in der Schweiz vorbereiten.
Die Kunden des Vermittlungsunternehmens sind namhaft: Das Universitätsspital Zürich, die Hirslanden-Gruppe und das Kantonsspital Aarau. Sie alle wollen durch diese Massnahme dem akuten Mangel an Fachkräften entgegenwirken.
Umfassende Vorbereitung
Neben medizinischen Fachpersonal aus Polen setzt das Kantonsspital Aarau auch auf gut ausgebildete Pflegefachleute aus Italien, wie die «Aargauer Zeitung» schreibt.
Fabio Blasi, der im Kantonsspital Aarau für Personalgewinnung und -marketing zuständig ist, steht kurz vor einer Reise nach Rom. Hier wird er rund 30 Vorstellungsgespräche führen. Gegenüber SRF sagt Blasi, man gehe in Vorleistung: «Wir stellen Pflegende für den Schweizer Markt zur Verfügung.»
Die Vorbereitung dauert bei solchen Rekrutierungen jeweils mehrere Monate: Sprachkurse, Wohnungssuche und die Gewöhnung an kulturelle Eigenheiten stehen auf dem Programm.
Nachdem Fachkräfte aus dem Ausland in der Schweiz angekommen sind, müssten sie weiter betreut werden, sagt Grazyna Scheiwiller von Carenea. Dabei gebe es viel zu beachten, «etwa ein Konto eröffnen, Kontakt mit dem Kanton herstellen, oder die Schule für die Kinder organisieren», so Scheiwiller.
Zweifel an der Ausland-Strategie
Doch nicht alle Schweizer Spitäler setzen auf Personal aus der Ferne. So schreiben auf Anfrage etwa das Berner Inselspital, die Solothurner Spitäler und das Kantonsspital Graubünden, entsprechende Aktionen oder die Zusammenarbeit mit Agenturen seien bei ihnen kein Thema.
Das Universitätsspital Basel wirbt lediglich im grenznahen Frankreich neues Personal an. Viele Mitarbeitende seien Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Personaldirektorin Eleonora Riz à Porta sagt, sie hätten sich zwar überlegt, auch in weiterer Ferne nach Personal zu suchen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Riz à Porta hat sich dagegen entschieden: «Ich habe meine Bedenken, anderen Ländern Fachkräfte wegzunehmen, die vielleicht auch dort gebraucht werden». Auch hätte sie Zweifel, ob sich der grosse Aufwand am Ende lohnt, und die Angestellten dann auch auf lange Sicht in der Schweiz bleiben würden.
Risiko oder Chance?
Andreas Földényi ist Mitinhaber der Personalvermittlerin Carenea. Er ist davon überzeugt, dass es ohne ausländische Fachkräfte nicht geht. Dies sei keinesfalls unredlich: «Diese Fachkräfte haben sich bereits entschieden, ihr Land zu verlassen. Dann ist die Frage nur noch, wohin sie gehen». Hier sei die Schweiz im Wettbewerb mit anderen Ländern.
Fabio Blasi vom Kantonsspital Aarau glaubt, dass es für die Menschen aus diesen Ländern eine Chance sei, in der Schweiz arbeiten zu können. «Wir wissen, wie prekär diese Leute dort angestellt sind; wenn sie überhaupt angestellt sind: Stichwort Kettenarbeitsverträge», sagt Blasi. Diese Leute seien auf dem Markt und verfügbar. Es sei legitim, auch im Ausland Mitarbeitende anzuwerben. Wichtig sei aber auch, weiterhin Nachwuchs aus der Schweiz auszubilden.