Zum Inhalt springen

Jahrelang in Ägypten Vom Vater entführtes Kind nach sechs Jahren zurück in der Schweiz

Die Rückkehr des Mädchens aus Kairo gelang erst, nachdem sich Bundesrat Ignazio Cassis persönlich eingeschaltet hatte.

Der Ehemann von Jacqueline Kummer verreiste mit der gemeinsamen Tochter in die Ferien und brachte die Kleine danach nicht mehr zurück in die Schweiz. Der Ägypter, von dem Kummer sich zuvor getrennt hatte, entführte die Tochter nach Kairo, um sie islamisch zu erziehen.

Die Mutter erinnert sich im Gespräch mit der «Rundschau» noch gut an jenen Freitagabend im Herbst 2012, an dem ihre Tochter nach Hause hätte kommen sollen. Das Handy des Vaters ist ausgeschaltet. Als sie ihn dann endlich erreicht, habe er am Telefon gelacht und gesagt: «Du wirst deine Tochter nie mehr sehen.»

Auf sich allein gestellt

Gegenüber der «Rundschau» spricht Jacqueline Kummer über ihre jahrelange Tortur. Nach der Entführung bleibt die Mutter allein zurück in der Schweiz. Sie weiss während Jahren nicht einmal, ob ihr Kind noch lebt. Es beginnt eine aufwendige und frustrierende Suche zusammen mit ihrem eigenen Vater, der sie in ihrer Suche stets unterstützt.

Von den Schweizer Behörden fühlen sich die beiden lange im Stich gelassen. Man habe ihnen immer wieder erklärt, dass man nicht viel ausrichten könne. Mangels Unterstützung versuchen die beiden auf eigene Faust, das Kind zurückzuholen.

Die Kummers verlieren dabei viel Geld an dubiose Firmen und angebliche Detektive. Jacqueline Kummer gibt nicht auf. Sie erkämpft sich vor Ort das ägyptische Sorgerecht und erwirkt, dass ägyptische Behörden helfen, ihre Tochter zurückzuholen. Doch alle Versuche scheitern.

Ein letzter Akt der Verzweiflung

Bei einem der letzten Versuche, das Mädchen zurückzuholen, kommt es zum Eklat mit der Schweizer Botschaft vor Ort. Von der Botschaft in Kairo wollen Kummers die Zusicherung, dass die Mutter nach dem Zugriff mit dem Kind in die Botschaft flüchten könne. Doch die Mitarbeiter vor Ort blocken ab und wollen keine Garantie abgeben.

Am Ende scheitert die Aktion aber schon vorher, weil das Mädchen beim Zugriff nicht vor Ort ist.

Das sagt das EDA

Box aufklappen Box zuklappen

In einer Stellungnahme gegenüber SRF weist das Aussendepartement EDA die Vorwürfe in aller Form zurück. Nur dank des Einsatzes des EDA habe dieser Fall nach mehreren Jahren erfolgreich abgeschlossen werden können. Und weiter: «Voraussetzung für ein verstärktes Engagement des EDA war der Abschluss des Rechtsverfahrens in Ägypten im Herbst 2018. Das EDA darf sich aber weder an illegalen Aktionen beteiligen noch in laufende Rechtsverfahren einmischen.»

Das EDA bedauere, dass dieser Fall gut anderthalb Jahre nach der Lösung an die Öffentlichkeit gelange. Dies sei nicht im Interesse des Kindeswohls und gefährde die Arbeit des EDA in anderen Entführungsfällen.

Im Sommer 2018 ist die Mutter kurz davor aufzugeben. Als letzte Chance sehen sie und ihr Vater ein Gespräch mit Aussenminister Ignazio Cassis. Der Bundesrat trifft die beiden und setzt sich danach für den Fall der damals bereits neunjährigen Tochter ein.

Treffen auf höchster Stufe

Cassis setzt mit Johannes Matyassy einen Topdiplomaten auf den Fall an. Es kommt zu internationalen Treffen auf höchster Stufe. Die Schweizer Behörden koordinieren Fahndung und Zugriffe mit den ägyptischen Behörden. Und am 20. Januar 2019 erhält die Mutter ihre Tochter in Kairo auf einem Polizeiposten zurück.

Jacqueline Kummer ist dankbar für den Einsatz der Schweizer Behörden. «Sie haben mir gezeigt, dass es doch geht.» Sie hofft, dass anderen Müttern in Zukunft besser geholfen wird. «Dass sich unsere Behörden um die Mütter und Väter kümmern, die sich beim EDA melden. Dass sie ernst genommen werden. Dass sich die Schweiz einsetzt für ihre Mitbürger.»

«Rundschau»

Box aufklappen Box zuklappen
«Rundschau»

Mehr zum Thema in der « Rundschau » um 20.05 Uhr auf SRF 1.

Rundschau» vom Mittwoch, 26.8.2020, 20.05 Uhr

Meistgelesene Artikel