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Jahrhundertealte Tradition Streit um Blackfacing an Osterprozession geht weiter

In Mendrisio TI halten die Organisatoren an einigen schwarz geschminkten Laienschauspielern fest. Das gefällt nicht allen.

Mehr als 250 Personen aus dem Mendrisiotto machen jeweils bei der Osterprozession aktiv mit. Sie wird traditionell an Gründonnerstag und Karfreitag in Mendrisio durchgeführt.

Darunter sind jeweils auch acht Personen – teils hoch zu Ross –, welche Mauren darstellen sollen. Sie begleiten als hohe Diener König Herodes. Alle haben schwarz bemalte Gesichter.

Gesichter der Mauren bleiben schwarz

Das solle auch weiterhin so bleiben, sagt Gabriele Ponti, Präsident der Stiftung für historische Prozessionen. «Wir haben den Puls aller sondiert und mit allen diskutiert und schlussendlichen entschieden, die Tradition beizubehalten.» Es sei der Wille der Mehrheit.

Schauspieler bei einer Passionsspiel-Darstellung mit einem Kreuz auf der Strasse.
Legende: Die Osterprozessionen in Mendrisio ist eine Riesensache. Mehr als 250 Einwohnerinnen und Einwohner der Region machen dabei mit. Seit 2019 stehen die Prozessionen auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes. Keystone/Alessandro Crinari

Noch vor einem Jahr hatte es ganz anders getönt. Damals hatte die Stiftung einstimmig beschlossen, auf das Blackfacing der Gesichter zu verzichten. Es sei nicht mehr zeitgemäss und könne für Betroffene verletzend sein, so die Begründung.

Dies sorgte aber nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in der Politik für aufgeregte Diskussionen. Man wollte diese Tradition nicht aufgeben, hiess es. Und so sieht es jetzt auch die Stiftung.

Historikerin: Eine uralte Tradition

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Menschen in traditioneller Kleidung diskutieren.
Legende: Keystone

Es sei eine uralte Tradition, die Diener von König Herodes bei der Prozession in Mendrisio schwarz anzumalen, bestätigt die Kunsthistorikerin und Prozessionsexpertin Anastasia Gilardi. Bereits 1874 – also vor 150 Jahren – hätten Besucher der Prozession diese schwarzen Diener auf Zeichnungen festgehalten, sagte sie gegenüber RSI. Sie gehe davon aus, dass die Tradition sogar auf das 17. Jahrhundert zurückgeht.

Für Historikerin Gilardi ist denn auch das Anmalen dieser Protagonisten unproblematisch. «Blackfacing ist ein Problem für die Amerikaner – aber das ist ihr Problem. Hier geht es um Theater, wir täuschen niemanden. Die Person, die Christus spielt, ist auch nicht Christus. Genauso wie die Person, die einen Mauren spielt, kein Maure oder Mohr ist. Es ist Theater», so Gilardi weiter.

Mehr Informationen zu den Osterprozessionen in Mendrisio finden Sie hier.

Anders sieht es die eidgenössische Kommission gegen Rassismus EKR. EKR-Präsidentin Ursula Schneider-Schüttel sagt, Blackfacing habe einen rassistischen Ursprung. Früher seien damit schwarze Menschen ins Lächerliche gezogen worden.

Ich würde es befürworten, wenn man auf das Blackfacing verzichten würde.
Autor: Ursula Schneider-Schüttel Präsidentin der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus

Das sei in Mendrisio zwar nicht so. «Trotzdem würde ich es befürworten, wenn das Organisationskomitee auf das Blackfacing verzichten würde», so Schneider-Schüttel. Für sie ist das Schwarzanmalen der Mauren für die Prozession nicht unbedingt notwendig.

Es droht eine Klage vor dem EGMR

Betroffene Organisationen wie die Organisation von afrikanischstämmigen Einwohnerinnen und Einwohnern in der Schweiz und Europa sollen sich gemäss Informationen von RSI juristische Schritte überlegen. Man denke sogar an einen Gang an den Menschengerichtshof in Strassburg.

Die Organisatoren lassen sich jedoch von der traditionellen Durchführung der Prozession nicht abhalten. Einzig das Wetter könnte sie stoppen. So wie im letzten Jahr. Damals musste der Anlass schliesslich wegen schlechten Wetters abgesagt werden.

 

Rendez-vous, 22.1.2025, 12:30 Uhr:stal

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