Eigentlich sind es gute Nachrichten der Justizdirektion des Kantons Zürich: Im vergangenen Jahr sind zum zweiten Mal in Folge weniger Minderjährige wegen Pornografie und Gewaltdarstellungen verzeigt worden.
Trotz dieser erfreulichen Schlagzeile weist der Kanton jedoch darauf hin, dass es gerade vermehrt jüngere Jugendliche gibt, die von sich selbst pornografisches Material herstellten.
Hohe Dunkelziffer
In den letzten Jahren kam es kontinuierlich zu einer Zunahme von Fällen, in denen Jugendliche sich bei sexuellen Handlungen filmten. Früher seien dies vorwiegend Mädchen gewesen, die solches Material auf Nachfrage von anderen aufnahmen. Unterdessen seien es jedoch in drei von vier Fällen Jungen.
Insgesamt wurden letztes Jahr 188 Jugendliche im Kanton Zürich wegen Pornografie verzeigt, wie die Oberjugendanwaltschaft am Donnerstag bekannt gab. Das sind in absoluten Zahlen zwar weniger als 2020, als es 215 Jugendliche waren. Dennoch sei der Anteil derjenigen Jugendlichen gestiegen, die selbstgedrehtes Material weiterverschickten oder deren Material weiterverbreitet wurde. Konkret falle jeder fünfte Fall darunter.
Und wahrscheinlich sei die Dunkelziffer weit höher, als dies die Statistik zeige. Davon ist Patrick Killer, der leitende Jugendanwalt der Jugendanwaltschaft Zürich-Stadt, überzeugt. Gerade im Zusammenhang mit der schieren Anzahl an Material, das es im Netz gebe, sei es wahrscheinlich, dass die Dunkelziffer recht hoch sei, dass Jugendliche damit in Kontakt kämen.
Tiefes Alter der Beteiligten
Bemerkenswert hierbei ist auch das Alter der besagten Jugendlichen: Mit durchschnittlich knapp 14 Jahren seien die Jugendlichen auffallend jung, wie die kantonale Justizdirektion in einer Mitteilung schreibt.
Ein Grund für dieses Phänomen könne sein, so Patrick Killer, dass nebst den Erwachsenen eben auch Jugendliche der Selbstdarstellung im Netz verfielen, auf Klicks und Likes Wert legten.
Für den Tatbestand der Pornografie reiche es, wenn sich beispielsweise ein 13-Jähriger bei der Selbstbefriedigung filme und das Video anschliessend in einen Chat stelle. «Bei den Jungen dient das Filmen sexueller Handlungen oftmals als Beweis, dass sie sexuell aktiv sind. Bei den Mädchen ist es dann irgendwie die Suche nach Anerkennung – sie machen das in der Regel auch nur auf Anfrage.»
Mangelndes Bewusstsein für Konsequenzen
Da die Beteiligten oftmals noch sehr jung seien, sei mithin ihr Umgang mit dem Smartphone sorglos, wie die Justizdirektion festhält. Entsprechend würden auch mögliche Konsequenzen mitunter ausgeblendet.
Deshalb sei es wichtig, dass man die Jugendlichen in erster Linie aufkläre, betont Jugendanwalt Patrick Killer. Der Zweck des Jugendstrafrechts sei der Schutz und die Erziehung der Jugendlichen. Bei einem Jungen, der so etwas mache, gehe es darum, sicherzustellen, «dass er realisiert, was er macht, dass er die Verbreitung des Materials nicht mehr steuern kann und dass er sich künftig solchen Gefahren nicht mehr aussetzt», sagt Killer.
Unter dem Strich gilt es aber festzuhalten, dass das Filmen eigener sexueller Handlungen zwar zugenommen hat. Abgenommen hingegen hat die Verbreitung von Pornografie unter Jugendlichen.