Die Bahnhofrunde ist beliebt – sowohl in Thun als auch in Biel. Vor allem junge Männer fahren mit ihren aufgemotzten Autos durch die Bahnhofstrasse, lassen dabei möglichst laut den Auspuff knallen. «Es geht dir einfach gut nachher. Es macht einen riesen Lärm und jeder schaut nach», erzählt ein Autofahrer, der nicht mit seinem Namen genannt werden möchte.
Die Bahnhofstrasse steht derzeit aber im Fokus der Polizei, sie führt dort vermehrt Kontrollen durch. Die sogenannten Autoposer, oder Renommier-Fahrer, wie sie auch genannt werden, haben reagiert. Einige haben sich ein zweites, leiseres Auto gekauft: «Wenn du die Polizei am Bahnhof kontrollieren siehst, gehst du nach Hause und wechselst das Auto», erzählt der 21-Jährige. Da habe sich einiges verändert. Wie laut er früher durch die Stadt gefahren sei, sei krank gewesen. «Heute getraue ich mich kaum im ersten Gang an den Bahnhof zu fahren.»
Mehr Lärmklagen aus der Bevölkerung
Mit den vermehrten Kontrollen konnte Biel das Lärmproblem eindämmen. Aber nur um den Bahnhof. «Das hat sich verschoben und ist nun in der ganzen Stadt wahrnehmbar. Die Jungen sind immer noch da», sagt der Bieler Sicherheitsdirektor Beat Feurer. Dass die sogenannten Autoposer in die Quartiere ausweichen, sei mit ein Grund, weshalb die Lärmklagen deutlich zugenommen haben.
In Biel weichen die jungen Leute auch in die Tiefgarage des Sportstadions aus – posieren, fahren Rennen, machen Videos für Tiktok. «Dort unten hallt es schön. Jeder will sein Auto zeigen, drückt den Sportmodus», erzählt einer von ihnen. Andere beschreiben es so: «Vollgas bis 120, dann um die Kurve und weiter, Flammen habe ich gesehen.»
Es bleibt ihnen fast nur diese Möglichkeit, um sich zu zeigen.
In Biel nimmt man das ernst, diesen illegalen Aktivitäten müsse man nachgehen, sagt Sicherheitsdirektor Feurer. Die Polizei mache das auch. Trotzdem habe er ein gewisses Verständnis: «Junge Männer wollen sich messen. Vieles ist derzeit nicht möglich, es bleibt ihnen fast nur diese Möglichkeit, sich zu zeigen.»
Dass sich die jungen Leute treffen, sei nicht das Problem, heisst es bei der Kantonspolizei Bern, sondern der Lärm, den sie verursachen. «Wenn viermal dasselbe Auto um das Haus fährt und wir das sehen, kontrollieren wir das», sagt Sprecher Christoph Gnägi. Auf die «Renommier-Fahrer» selbst habe es die Polizei nicht abgesehen.
Wer sind diese Poser?
Viele aus der Szene fühlen sich jedoch schikaniert. «Anderswo werden Leute geschlagen oder ermordet, aber wir sollen wichtiger sein», heisst es.
Wenn sie dich nicht erwischen ist das besser, als im Lotto zu gewinnen.
Dass sie aber oft unerlaubt Lärm erzeugen und die Autos illegal verändert haben, ist ihnen bewusst. «Man steigert sich immer, das ist wie eine Sucht», so der junge Mann, der sicher erst vor einem Monat ein neues, noch stärkeres Auto gekauft hat.
Sie würden verstehen, dass der Lärm die Anwohnerinnen und Anwohner nerve. «Aber wir sind jung. Wir kennen es nicht anders.» Insbesondere, wenn es um illegale Abänderungen der Autos geht, ist es für einige auch ein Spiel mit der Polizei: «No risk, no fun», heisst es. Oder: «Jedes Mal, wenn sie mich kontrolliert und nichts gefunden haben, war es, als hätte ich Geburtstag. Das ist besser als im Lotto zu gewinnen.»
Trotzdem scheint es, als habe es zumindest bei einem Teil der Szene Bewegung gegeben. In einem Statement in den Sozialen Medien fordern sie sich selbst auf, vor allem innerorts anständig zu fahren, die Motoren nicht aufheulen zu lassen.