Es ist empfindlich kalt an diesem Nachmittag. Vera van Galen trägt keine Mütze und nur dünne Arbeitshandschuhe und über dem Wintermantel eine orangene Leuchtweste. Die 74-Jährige geht am Strassenrand entlang und hebt mit einem Greifarm Papierschnipsel und Getränkedosen auf.
Ich habe Zeit und Lust und solange ich mich bücken kann, mache ich es.
Alles landet im Abfallsack, den sie bei sich trägt. «Sehen Sie mal. Das sind alles nur Alubüchsen. Ich schätze, es sind über 30. Das ist von nur einem Sammeltag!» Vera van Galens Sammelstrecke ist rund einen Kilometer lang. Alle zwei Wochen ist sie dort mindestens eine Stunde lang unterwegs und sammelt bei jedem Wetter, bei jeder Verkehrslage: «Ich habe Zeit und Lust und darum mache ich es einfach», sagt sie.
Seit zwei Jahren ist sie Teil der Anti-Littering-Kampagne in Illnau-Effretikon. So wie rund zwei Dutzend andere Bewohnerinnen und Bewohner, sagt Ursula Studer von der Stadtverwaltung. «Wir haben Schulen, Vereine, Parteien, sehr viele Privatpersonen, die gerne mit uns mitmachen, damit unsere Stadt sauber bleibt.»
Solche Patenschaften würden helfen, dass deutlich weniger Abfall weggeworfen wird. Zu diesem Schluss kommt eine ETH-Studie im Auftrag der Interessen-Gemeinschaft «Saubere Umwelt». Denn dort, wo der Boden sauber ist, sei auch die Hemmschwelle grösser, etwas wegzuwerfen. Auch in Illnau-Effretikon zeigt sich dieser Effekt, seit die Kampagne 2006 gestartet wurde.
Das grösste Problem ist der Abfall, den Leute einfach aus dem Auto werfen.
Ein Problem bleiben aber die stark befahrenen Strassen, sagt Ursula Studer. «Da werfen die Leute den Abfall einfach aus dem Auto. Das ist das grösste Problem, das wir hier haben.» Sie ist aber überzeugt: Ohne die Abfall-Patenschaften wäre die Situation noch schlimmer. Mittlerweile gibt es gemäss der IG «Saubere Umwelt» schon in rund 30 Gemeinden ähnliche Projekte, auch in grossen Städten wie Basel oder Luzern. Und jedes Jahr kommen weitere dazu.
Die Patinnen und Paten engagieren sich freiwillig und unentgeltlich – so wie Vera van Galen. Sie wolle einfach in einer sauberen Gemeinde leben, erklärt die sie ihr Engagement. «Mich stört dieses Zeugs am Boden wahnsinnig. Die Folge ist: Ich sehe jetzt überall Abfall liegen.» Und solange sie noch könne, werde sie sich bücken, um ihn aufzuheben. Auf ihrer Sammelstrecke. Alle zwei Wochen. Mindestens eine Stunde lang.