Jetzt bekommt der F-35 erstmals ein richtiges Preisschild. 6.035 Milliarden Franken sollen die 36 F-35 Joint Strike Fighter, den «Angriffsflieger im Verbund», der Schweiz kosten. Im Preis mit dabei sind ein Logistikpaket, Kurzstrecken-Lenkwaffen, Erdkampf-Bomben und ein Risikoaufschlag.
Am 30. Juni, als der Bundesrat sich für den amerikanischen Stealth-Flieger entschieden hat, kommunizierte Verteidigungsministerin Viola Amherd noch einen Offerten-Preis von 5.068 Milliarden. Was macht den Unterschied von einer Milliarde Franken aus? Die US-amerikanische Teuerung. Diese hat das VBS beim Typenentscheid nicht kommuniziert. Fünf Monate später gibt es endlich Klarheit zu den Kostenschätzungen.
Lenkwaffen-Beschaffung fehlt
Auf den ersten Blick passt der F-35 perfekt ins Schweizer Budget. Das VBS geht davon aus, dass sie mit Teuerung bis Ende Jahrzehnt 6.3 Milliarden Franken zur Verfügung hat, um die Kampfjet-Rechnungen bezahlen zu können.
Bei den kommunizierten Beschaffungs-Preisen, sowohl im Frühsommer wie jetzt, fehlt aber die Beschaffung neuer Mittelstrecken-Lenkwaffen im Umfang von 400 Millionen Franken. Das Bundesamt für Rüstung Armasuisse hat diesen Betrag bereits vorgängig gegenüber SRF News offengelegt.
Ausserhalb des Budgets
Wenn man den heute kommunizierten Preis und die 400 Millionen Franken für die Lenkwaffen zusammenzählt, dann kostet der F-35 in der Anschaffung gesamthaft insgesamt leicht über 6.4 Milliarden Franken. Damit liegt der Gesamtbeschaffungspreis inklusive Lenkwaffen auch über dem Beschaffungs-Budget von 6.3 Milliarden Franken.
Innerhalb des Schweizer Budgets blieben dagegen die Angebote der europäischen Anbieter Dassault und Airbus – und zwar mit vollständiger Bewaffnung und inklusive vorgegebener oder geschätzter Teuerung. Entsprechende Fixpreise hätten sie den Schweizer Behörden angeboten, sagen beide Anbieter auf Anfrage von SRF News. In einem Fall wurde gar ein maximales Kostendach garantiert.
Diese Preise kann SRF News nicht unabhängig verifizieren. Wenn sie stimmen, dann wären die europäischen Kampfjets in der Beschaffung billiger als der US-Jet.
Was sagt das VBS?
Das VBS betonte heute einmal mehr: Der Verpflichtungskredit, der dem Parlament beantragt wird, werde «den Vorgaben des Bundesbeschlusses über die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge» entsprechen. Die Budgetvorgaben würden also erfüllt.
Das VBS hielt gegenüber SRF News bereits früher schriftlich fest: «Die Luftwaffe benötigt diese Mittelstrecken-Lenkwaffen jetzt nicht, darum beschaffen wir sie jetzt auch nicht.»
Das führt aber zur Frage, ob alle Anbieter gleichwertig mit oder ohne Waffenpaket verglichen worden sind. Das VBS antwortete auf diese Frage, beim Vergleich zwischen den Anbietern seien «exakt gleiche Stückzahlen bei der Luft-Luft-Bewaffnung berücksichtigt» worden. Es gab also einen Vergleich aller Angebote mit der gleichen Anzahl Lenkwaffen.
Das VBS betont immer wieder, der F-35 sei über die gesamte Lebensdauer billiger, weil die Luftwaffe mit diesem Jet weniger fliegen werde.
Zeitpunkt des Vergleichs
Interessant ist aber der Zeitpunkt des Vergleiches. Die Armasuisse schreibt auf die Frage, wieso beim Typenentscheid im Juni 2021 der Preisstand von Februar 2021 kommuniziert worden sei.
«Der Zeitpunkt des finalen Angebotes wurde gewählt, um die offerierten Preise verlässlich mit dem Finanzrahmen von 6 Milliarden Schweizer Franken gemäss Planungsbeschluss vergleichen zu können.»
Das heisst aber auch: Es ist gut möglich, dass der F-35 im Februar 2021 in den Finanzrahmen passte, aber gegen Ende Jahrzehnt, wenn die Rechnungen fällig werden, nicht mehr. Ausser, man rechnet den Kauf neuer Lenkwaffen nicht in die Beschaffungskosten.
Das VBS hat auf seiner Webseite eine Stellungnahme zur Recherche publiziert. Wir verlinken diese Stellungnahme hier. SRF News hält an seiner Darstellung fest.