Warum denkt man in Genf an eine Maskenpflicht? Die Infektionsfälle sind in Genf zwar nicht angestiegen. Aber der westschweizer Kanton ist nah an Frankreich, das eine Maskenpflicht hat. Es soll eine vorbeugende Massnahme sein. Zudem benützen zurzeit viele Leute aus Angst die städtischen Verkehrsmittel Tram und Bus TPG (Les Transports publics genevois) nicht mehr. Zu den Stosszeiten sind die Busse zwar überfüllt, generell sind sie nach eigenen Angaben aber nur zu 60 Prozent ausgelastet. Es ist auch ein Versuch, das Vertrauen der Bevölkerung in die Sicherheitsmassnahmen zurückgewinnen.
Wie sieht die Situation in Genf momentan aus? Bisher gilt in Genf wie in anderen Kantonen die «dringliche» Empfehlung des Bundesrats, eine Maske im ÖV zu tragen, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann. Die Empfehlung wird aber nur durchzogen von den Einwohnern umgesetzt. Bisher hat sich erst ein Regierungsrat zur Maskenpflicht geäussert: Der Genfer Gesundheitsminister Mauro Poggia. Er befürwortet eine Tragpflicht.
Wie würde die Maskenpflicht ausgestaltet sein? Das kann man noch nicht sagen, eben sowenig, ob nur die städtischen Verkehrsbetriebe betroffen sind oder auch der nationale Zugverkehr. Letzteres wäre im Alleingang schwierig umsetzbar. Ungewiss ist auch, ob es Bussen geben würde, wie das in Frankreich der Fall ist und ob es nur die ÖV beträfe oder auch andere Bereiche wie die Einkaufsläden. Das diskutiert die Regierung zurzeit.
Was müsste geschehen, dass die Maskenpflicht kommt? Die Genfer Regierung berät dieses Thema am Mittwoch in ihrer wöchentlichen Sitzung. Es ist gut möglich, dass Poggia mit seiner Absicht eine Mehrheit in der Regierung findet. Kommuniziert wird Anfang Nachmittag. Höchstwahrscheinlich müsste die Tragepflicht dann noch vom Parlament abgesegnet werden. Das Genfer Kantonsparlament tagt am Donnerstagabend.
Kann ein einzelner Kanton so vorpreschen? Gemäss der Einschätzung des Rechtsprofessors der Uni Zürich, Felix Uhlmann, ist das theoretisch möglich. Die Kantone haben im Laufe der Corona-Ausnahmesituation auch eingefordert, dass sie mehr Macht erhalten. Wenn der Bundesrat etwas im Epidemiegesetz nicht klar geregelt hat, gibt das grundsätzlich den Kantonen relativ viel Spielraum. Es kann also sein, dass Genf das durchsetzen kann. Wie es beim nationalen Zugverkehr aussehen würde, bleibt aber offen.
Wäre ein kantonaler Alleingang berechtigt? Einerseits wäre es sicher sinnvoller, man würde es bundesweit koordinieren. Auf der anderen Seite ist Genf sehr dicht besiedelt. Hochgerechnet hatte der Kanton pro Hunderttausend Einwohner in der Schweiz mit Abstand am meisten positive Fälle. Zudem gibt es viel internationalen Reiseverkehr. Im Gegensatz dazu steht beispielsweise ein ländlicher wie Kanton Obwalden, wo es kaum mehr Fälle gibt. Ob dort eine bundesweite Maskenpflicht Sinn macht, ist fragwürdig und die Überlegungen für den Genfer Alleingang sind zumindest nachvollziehbar.
Könnte Genf eine Maskenpflicht stemmen? Genf will um jeden Preis verhindern, dass es wieder mehr Ansteckungen gibt. Deswegen geht es in die Offensive und verkauft die Masken zum Selbstkostenpreis für 50 Rappen. Bereits jetzt werden sie an verschiedenen Bahnhöfen auch einzeln verkauft, die Leute sollen sensibilisiert werden. Auch hat der Kanton vorgesorgt und im grossen Stil eingekauft: Wenn die Maskenpflicht käme, gäbe es genug Masken.