Immer mehr Steuerämter setzen nicht mehr nur auf den Menschen, sondern lassen selbstlernende Algorithmen Steuererklärungen überprüfen. Vorreiter waren Obwalden und Nidwalden, nun folgt der Kanton Solothurn.
Die künstliche Intelligenz schaut sich alle 175'000 Solothurner Steuererklärungen natürlicher Personen an. Danach entscheidet das Programm, welche vollautomatisch bearbeitet werden und welche doch noch ein Mensch anschauen muss.
KI soll Mitarbeitende entlasten
Für den Chef des Solothurner Steueramts, Thomas Fischer, ist das Ziel, dass 20 Prozent der Steuerveranlagungen vollautomatisch abgeschlossen werden können. «So können unsere Leute ganz konkret entlastet werden», sagt Fischer. Denn auch das Steueramt hat Probleme, gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden.
Auch Steuerämter in anderen Kantonen verfolgen die Entwicklung der künstlichen Intelligenz mit Interesse. Gegenüber SRF geben sechs kantonale Steuerämter an, bereits konkrete KI-Projekte zu haben. Zehn weitere antworten auf Anfrage, dass sie sich erste Gedanken zur KI gemacht hätten.
Luzius Cavelti, Professor für Steuerrecht der Universität Basel, verfolgt diese Entwicklung kritisch. Zwar sieht er durchaus das Potenzial für die Steuerämter, warnt jedoch auch. Denn die KI mache auch ab und an Fehler.
Wenn die KI Fehler macht, sind unter Umständen mehrere tausend Personen betroffen.
Selbstverständlich würden auch menschliche Mitarbeitende der Steuerämter Fehler machen, ist sich Cavelti bewusst. Aber: «Wenn die KI Fehler macht, sind unter Umständen mehrere tausend Personen betroffen. Und möglicherweise sind diese Fehler gar nicht so einfach zu entdecken. Es kann unter Umständen längere Zeit vergehen.»
Für den Steuerrechtsexperten ist deshalb klar, dass es völlige Transparenz braucht. Die Algorithmen der KI dürften nicht nur durch die Steuerämter und die Herstellerfirmen überwacht werden. «Das sollte durch unabhängige Instanzen geschehen. Am besten würden die Berichte gleich veröffentlicht, sodass man von aussen eine gewisse Kontrolle auf die Entwicklung haben kann.»
Der Chef des Solothurner Steueramts verspricht, dass dies vorgesehen sei. So würde die Finanzkontrolle und auch der Bund dem Steueramt auf die Finger schauen. Zudem ist auf den automatischen Solothurner Steuerveranlagungen klar vermerkt, dass sie kein Mensch bearbeitet hat.
Die Transparenz sei nötig, sind sich der Steueramtschef und der Experte einig. Denn - auch darin stimmen sie überein - den Trend zu KI in den Steuerämtern lasse sich kaum aufhalten.