Wasser statt Champagner. Auf diese Formel bringt FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt die Idee seiner Partei: Heute bezahlten alle Prämienzahler- und -zahlerinnen für das gesamte medizinische Menu. Viele wollten aber gar nicht alles nutzen. Wer also Abstriche in Kauf nehme, soll dafür bei der Krankenkasse deutlich sparen können.
Beim Budget-Modell wäre dann die Franchise höher, das elektronische Patientendossier Pflicht und man könnte Mehrjahresverträge mit einer Krankenkasse abschliessen, die Prämie also über mehrere Jahre fixieren, so Silberschmidt: «Dazu könnte man sich auch für eine Generika-Pflicht entscheiden und auf Originalmedikamente verzichten, was die Kosten weiter dämpfen würde.»
SP: Solidarität in Gefahr
Tiefere Kosten gleich tiefere Prämien – so gehe das Modell für die Krankenkassen und für die Prämienzahlenden auf, findet Silberschmidt. Doch bei den Parteien des Mitte-Links-Lagers läuten die Alarmglocken: Denn heute finanzieren die Gesunden das System für die Kranken mit.
Das System ist nicht geeignet, einzelne Gruppen aus der Solidarität zu entlassen und so die Finanzierung aufzubrechen.
Nationalrätin Flavia Wasserfallen (SP/BE), Mitglied der Gesundheitskommission, hält die Idee der FDP deshalb für gefährlich: «Die Idee bricht mit dem Solidaritätsgedanken, denn Krankheit kann alle treffen.» Das System sei nicht geeignet, einzelne Gruppen aus der Solidarität zu entlassen und so die Finanzierung aufzubrechen. Chronisch kranke und ältere Menschen würden nach ihren Worten sicher stark darunter leiden.
Die Wohlhabenden könnten Prämien sparen und sich im Notfall eine Behandlung trotzdem leisten.
Die FDP wolle eine besondere Krankenversicherung für Wohlhabende, kritisiert auch Nationalrat Christian Lohr (Mitte/TG), ebenfalls Mitglied der Gesundheitskommission. Denn diese könnten Prämien sparen und sich im Notfall eine medizinische Behandlung trotzdem leisten. Dies könnten weniger Begüterte nicht, womit der FDP-Vorschlag zu mehr Ungleichheit führe: «Es darf nicht in eine Richtung gehen, wo es zu einer Zweiklassengesellschaft kommt.»
FDP verweist auf alternative Modelle
Den Vorwurf der Zweiklassenmedizin lässt Silberschmidt nicht gelten: Diese Kritik ergebe überhaupt keinen Sinn. Denn es sei bereits heute möglich, mit alternativen Versicherungsmodellen Abstriche in Kauf zu nehmen und weniger Prämie zu zahlen. «Wir fordern nur eine Ausweitung dieser Praxis.» Ein Beispiel sei das Hausarztmodell.
Dieser Ballon ist wohl mit viel sommerlicher Heissluft in die Höhe gestiegen, wird sich aber im Herbst sehr rasch abkühlen.
Die Reaktionen der anderen Parteien zeigen, dass dieser Weg steinig wird. Denn nicht einmal auf der rechten Seite findet der freisinnige Vorschlag Unterstützung. Dieser Ballon sei wohl mit viel sommerlicher Heissluft in die Höhe gestiegen, werde sich aber im Herbst sehr rasch abkühlen, bilanziert Ständerat Hannes Germann (SVP/SH).
Suche nach dem grossen Wurf geht weiter
Ein Versuchsballon im Wahljahr. Dies macht deutlich, dass die steigenden Krankenkassenprämien immer stärker zum Politikum werden und die Parteien zu Lösungsansätzen anspornen: Schliesslich wollen sie ihren Wählerinnen und Wählern beweisen, dass sie sich für sie einsetzen.
SP und die Mitte haben je eine Initiative zum Thema lanciert: die «Prämienentlastungs-Initiative» und die «Kostenbremse-Initiative». Beide Vorlagen hat das Parlament klar abgelehnt und arbeitet nun an zwei Gegenvorschlägen. Fazit: Grosse Würfe haben es schwer in der Schweizer Gesundheitspolitik.