Rund 900 Mal bebte 2022 die Erde in oder nahe der Schweiz. Schäden gab es dabei in der Schweiz nicht. Das letzte Erdbeben mit kleineren Schäden ereignete sich 1991 bei Vaz (GR) mit einer Magnitude von 5.0. Das Bündner Amt für Militär und Zivilschutz arbeitete in den letzten drei Jahren ein Erdbebenkonzept aus. Dazu ist nun der Bericht erschienen. Amtsleiter Pascal Porchet nimmt Stellung.
SRF News: Warum arbeitete der Kanton ein Gesamtkonzept für schwere Erdbeben aus?
Pascal Porchet: Der Kanton ist gemäss Bevölkerungsschutzgesetz zuständig für die Erkennung von Risiken für die Bevölkerung. 2014 gab es eine Gefährdungsanalyse. Da erkannte man, dass ein Erdbeben eines der grössten Risiken ist – auch weil Erdbeben hochkomplex sind.
Was schaute man konkret an?
Man erörterte, welche Akteure in einem Erdbebenfall auf welche Art zusammenarbeiten, wie gut man vorbereitet ist, wie Abläufe koordiniert sind und ob man richtig aufgestellt ist.
Jetzt könnte man sagen, das sei nur ein Papier und landet in einer Schublade. Bringt das für den Ernstfall wirklich etwas?
Absolut. Ich arbeitete für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz und war 2005 in Pakistan nach einem der grössten und schwersten Erdbeben überhaupt im Einsatz. Ich sah, wie wichtig Vorbereitungen sind, und zwar für jede Phase: Dass in der Akutphase, in den Tagen nach einem Erdbeben und beim Wiederaufbau allen klar und bewusst ist, was die jeweiligen Aufgaben sind. Ich sah auch, wie schwierig es ist, in einem Chaos zu arbeiten. Dank solchen Plänen sind wir besser vorbereitet.
Wie gut ist der Kanton Graubünden vorbereitet? Gibt es Lücken?
Der Kanton ist sehr gut vorbereitet, insbesondere im Bereich Ortung und Rettung, wo die Blaulichtorganisationen betroffen sind. Ein Erdbeben ist wie gesagt hochkomplex. Da gibt es immer Verbesserungspotenzial. Wichtig finde ich, jetzt die Koordination zwischen Bund, Kanton, Gemeinden und Ausland nochmals anzuschauen, alle Konzepte vertieft zu betrachten und die Abläufe zu optimieren.
Das Gespräch führte Silvio Liechti.