«Das ist untragbar». Klare Worte von Gastrounternehmer Urs Pfäffli. Der Präsident von Gastro Zürich-City hatte sich von der ausserordentlichen Session des Parlamentes Klarheit erhofft.
Seit Wochen läuft die Debatte rund um die Geschäftsmieten. Seit Wochen kämpfen viele Gewerbebetriebe mit Rechtsunsicherheit und Existenzängsten. Gewährt man Mieterlass oder nicht – und wenn ja, wer muss bezahlen? Erfolglos versuchte die Branche nach Ausbruch der Corona-Krise mehrmals an einem runden Tisch auf diese Frage eine Antwort zu finden.
Bundesrat wollte Klarheit schaffen
Die Fronten zwischen Mietern und Vermietern blieben verhärtet. So sprach der Bundesrat am 8. April ein Machtwort: Es gibt keinen staatlichen Eingriff. Die Parteien sollten selbst eine Lösung suchen, bilateral und auf den konkreten Fall bezogen. Es sah nach einer gutschweizerischen Lösung aus. Sollte es zu Streitigkeiten kommen, würden am Ende die Gerichte die Rechtsunsicherheit beiseitelegen.
Doch das Parlament sah dies anders. National- und Ständerat präsentierten zum Auftakt der Corona-Session gleich zwei Vorstösse. Das Ziel: Ein Mieterlass. Teilweise oder ganz. Abgestuft nach Monatsmieten oder aufgeteilt in Prozent. Die konkrete Ausgestaltung gipfelte – wenig überraschend – in einer hitzigen Debatte.
Die heisse Kartoffel wird weitergereicht
Die einen sahen die Vermieter in der Pflicht einen Beitrag zu leisten, nachdem sie jahrelang von guten Renditen profitierten. Die anderen sahen keinen Grund, warum die Vermieter die vom Bund verordnete Zwangsschliessung ausbaden sollten. Von einem Eingriff in die Eigentumsgarantie und in die Wirtschaftsfreiheit war die Rede. Doch man wollte eine Lösung.
Sinnbildlich dafür war CVP-Mann Daniel Fässler. Als Präsident des Verbandes Immobilien Schweiz – also als Vertreter grosser Immobilieninvestoren und Pensionskassen – wäre ihm keine Einmischung des Staates am liebsten, so Fässler. Doch auch für ihn war klar: «Das grösste Gift wäre, wenn wir es nicht schaffen, Klarheit zu schaffen.»
Genau so kommt es nun. Das Parlament konnte sich nicht einigen. Die Diskussion ist vertagt.
Jetzt sind die Gerichte am Zug
Es herrsche komplette Planungsunsicherheit, ärgert man sich beim Verband der Geschäftsmieter. Bestätigt fühlt man sich bei den Hauseigentümern. Es gebe keine pauschale Lösung, so Verbandsdirektor Markus Meier heute.
Eines ist klar: Mit dem heutigen «Nicht-Entscheid» fühlen sich etliche Branchenvertreter zurück auf Feld eins.
Hätte es einen Mieterlass gegeben, hätten viele Betriebe aufgeatmet. Hätte man sich gegen einen Eingriff des Staates entschieden, wäre das für viele Betriebe ein weiterer Schritt in Richtung Konkurs gewesen. Doch es wären zumindest Lösungen gewesen. Man hätte planen können.
Jetzt bleibt es eine Diskussion im Konjunktiv. Vielleicht gibt es in der Sommersession eine Lösung, vielleicht auch nicht. So häufen sich nun wohl die Rechtsstreitigkeiten vor Gericht.
Richtig zufrieden ist heute niemand in der Branche. Denn der Handlungsbedarf war erkannt, doch die Chance für mehr Klarheit wurde verpasst.