- Tausende Selbständige und KMU rund um die Kultur- und Event-Branche stehen vor dem Nichts.
- Mit den Lockerungen der Corona-Schutzmassnahmen liess der Bundesrat auch die finanziellen Hilfen für sie auslaufen.
- Doch Firmenanlässe, Messen und Openairs finden dieses Jahr kaum mehr statt. Gerade die Musikszene leidet.
Besonders betroffen sind die freiberuflichen Musikerinnen und Musiker. Nicht nur, weil ihnen das Geld ausgeht. Für sie ist nicht absehbar, wann die Krise wirklich vorüber ist.
Die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia geht davon aus, dass wegen Corona viele Events, Konzerte und ganze Tourneen erst im kommenden Jahr stattfinden werden. Der Weg zurück in die Normalität ist für Kulturschaffende deshalb ein langer und beschwerlicher.
Unzählige Gesuche bei den Behörden
Seit Monaten spielen die Berufsmusiker Daniel Zihlmann und Markus Hauser erstmals wieder zusammen. Nicht etwa, weil sie einen Auftritt haben, sondern nur, damit sie nicht aus der Übung kommen.
Schwierig ist, wenn ein Kabel kaputt ist oder wir keinen Strom auf der Bühne haben. Aber diese Situation ist eine Katastrophe.
Die Situation sei in der Tat mehr als nur schwierig: «Schwierig ist, wenn ein Kabel kaputt ist oder wir keinen Strom auf der Bühne haben. Aber diese Situation ist eine Katastrophe», sagt Zihlmann. Saxofonist Hauser wäre zurzeit mit einem berühmten Sänger auf Europa-Tournee. Stattdessen stellt er seit Monaten Gesuche bei unzähligen Bundes- und Kantonsbehörden.
Trotzdem droht bereits die Kündigung seiner Wohnung – und die EC-Karte kann er auch nicht mehr belasten: «Lasst mich arbeiten, wie ich es 25 oder 30 Jahre gemacht habe, als selbständiger Musiker», fordert er. «Jetzt kommt der Bund, verbietet mir zu spielen, aber lässt mich im Regen stehen.»
Zurzeit seien alle Stellen mit der Situation schlicht überfordert, gibt man beim Bundesamt für Kultur und Pro Helvetia unumwunden zu: «Es ist wirklich ein Systemschock», sagt Philippe Bischof, Direktor von Pro Helvetia.
Kritisch sei die Situation bei den meisten von ihnen, sagt Christoph Trummer vom Verband der Musikschaffenden: «Fast die Hälfte lebt am oder unter dem Existenzminimum. Es sind keine Reserven vorhanden, mit denen man sich länger über die Runden helfen kann.»
Leben ohne soziale Absicherung
Die Krise zeige auf dramatische Weise, dass künftig auch freiberufliche Kunstschaffende zwingend eine soziale Absicherung brauchen, sagt Pro-Helvetia-Direktor Bischof: «Man muss ein für die Schweiz angemessenes Modell finden, das wir noch nicht haben. Wir werden aber daran arbeiten, sobald die Krise überstanden ist.»
Das wirft die Frage auf, ob selbständige Musiker nicht hätten vorsorgen müssen. «Wenn man schaut, mit wie viel Milliarden die Wirtschaft gerettet werden muss, dann finde ich diese Frage an Kulturschaffende zynisch, wo wir doch auch sonst mit sehr wenig leben», sagt der freiberufliche Pianist Zihlmann.
Auch für Saxofonist Hauser ist klar: «Vorsorgen können muss man sich erst leisten können. Ich habe zwei Kinder, die ältere Tochter studiert in Amerika.» Und weiter: «Wie gesagt: Lasst mich arbeiten, dann kann ich alle Rechnungen bezahlen.»