Jüdisch-orthodoxe Touristen haben in Davos eine lange Tradition. Im Sommer sorgen sie durch ihr zahlreiches Erscheinen für viele Hotelübernachtungen – sie sind also lukrativ für den Tourismus. So erstaunt es auch nicht, dass es in Davos teils spezielle jüdische Hotels gibt. Auch wurde für die jüdischen Gäste vor einigen Jahren ein Dialogprojekt geschaffen, welches für gegenseitiges Verständnis zwischen Gästen und Einheimischen sorgen soll. Alles gut also?
Nicht ganz. Vor gut einer Woche sorgte Reto Branschi, der Direktor von Davos Klosters Tourismus, für landesweites Aufsehen, indem er das Dialogprojekt einseitig stoppte. Davos Klosters Tourismus wolle nicht mehr mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) zusammenarbeiten. Die Vermittlung habe nicht funktioniert, in Davos brodle es wegen der jüdischen Gäste, zitierte eine lokale Zeitung den Direktor.
Es wurden Gerüchte laut, die Gäste liessen den Respekt vermissen und den Abfall liegen, sie wichen auf dem Trottoir nicht aus und sie drängelten sich vor. Über die Sozialen Medien wurde ein Video verbreitet, welches zeigt, wie jüdische Touristen mit einem Kinderwagen einen Mountainbike-Trail versperren. Dies sorge zusätzlich für Unmut.
Stimmung in Davos ist eine andere
Auf der Strasse ist die Stimmung in Davos hingegen eine andere. Die Einheimischen äusserten sich gegenüber SRF mehrheitlich positiv über die jüdischen Gäste. Niemand bestätigte die geschilderten, negativen Erfahrungen. «Wegen ihrer Kleidung fallen sie halt auf», erklärte zwar eine Frau. Dies sei aber das einzige.
Trotzdem trafen sich der Direktor von Davos Tourismus, Reto Branschi, und der Generalsekretär des SIG, Jonathan Kreutner, in der Geschäftsstelle der Tourismus-Destination Davos Klosters zu einem klärenden Gespräch. Beide wollten sich vor dem Treffen gegenüber SRF nicht äussern.
Man hat das negative Verhalten einzelner jüdischer Gäste so aussehen lassen, als ob die ganze Gästegruppe negativ auffalle.
Erst im Anschluss an das Treffen nahmen beide in einem Interview Stellung. Laut Branschi hat es einige Missverständnisse zwischen den Parteien gegeben. «Wir haben die Rolle des SIG beispielsweise falsch beurteilt.» Das habe man nun aber aufklären können. Zudem fügte Branschi an, er wollte nie den Eindruck erwecken, dass man die ganze jüdische Gemeinschaft in einen Topf werfe.
Der Punkt der Verallgemeinerung hat Kreutner besonders gestört. «Man hat das negative Verhalten einzelner jüdischer Gäste so aussehen lassen, als ob die ganze Gästegruppe negativ auffalle.» Dies sei ihm ein Dorn im Auge gewesen. Zudem störte Kreutner, dass man das negative Verhalten nur bei den jüdischen Gästegruppen so hervorhebe. «Bei Eishockeyfans gibt es auch Littering, dort macht man aber nicht so ein Aufheben darum.»
Beide Seiten wollen konstruktive Lösung
Sowohl Branschi als auch Kreutner zeigten sich offen, über Lösungen zu diskutieren. Laut Branschi sei das nächste Ziel, eine Taskforce mit der SIG zu gründen. «Alle Keyplayer von Davos sollen an einen Tisch geholt werden.» So könne man schauen, wie eine gute Lösung für alle gefunden werden könne.
Kreutner nimmt positiv zur Kenntnis, dass Davos Klosters Tourismus immer noch an einer konstruktiven Lösung interessiert sei. Und er fügte an: «Wir sind die Letzten, die sich vor einer konstruktiven Lösung verschliessen werden.» Zusammen müsse man jetzt eine sinnvolle Lösung prüfen.