Die Schweiz ist das einzige Land der Welt mit demokratisch legitimierten Corona-Massnahmen. Innerhalb von nur einem halben Jahr hat die Stimmbevölkerung nun zweimal die Pandemie-Politik des Bundesrates unterstützt.
Nimmt man noch die Abstimmung über das Epidemiengesetz von 2013 hinzu, haben die Stimmberechtigten jetzt sogar schon zum dritten Mal Ja gesagt – jedes Mal mit mehr als 60 Prozent Zustimmung.
Schweigende Mehrheit
Doch diese dritte Abstimmung hat das Land tief gespalten. Es steht eine schweigende Mehrheit gegen eine sehr laute, bisweilen aggressive Minderheit. Diese Minderheit hat die Debatte beherrscht, die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Davon aber hat sich die schweigende Mehrheit nicht anstecken lassen. Eine Mehrheit, die seit Ausbruch der Krise vor bald zwei Jahren die Massnahmen und Einschränkungen des öffentlichen Lebens still mitträgt.
Selten wurden in einem Abstimmungskampf so viele faktenwidrige Behauptungen aufgestellt, schlug der Frust sogar in Gewalt um. Am Sonntag zeigt sich: Die Gegnerinnen und Gegner haben den Bogen überspannt. Denn ihre Kampagne hat am Schluss vor allem die Befürworterinnen und Befürworter des Covid-Gesetzes mobilisiert. Die Gegner haben also genau das Gegenteil bewirkt.
Virus ist schneller als Demokratie
Die epidemiologische Lage hat sich in den letzten Wochen dramatisch verschlechtert. Die Debatte über Sinn und Unsinn eines 3G-Zertifikates wirkte zunehmend wie aus einer anderen Zeit. Das Virus mit seiner neuen Variante ist schneller als die direkte Demokratie. Die Öffentlichkeit diskutiert längst über 2G (plus), und einzelne Kantone haben in den letzten Tagen die Massnahmen-Schraube angezogen.
Das deutliche Ja dürfte dem Bundesrat für die nächsten schwierigen Wochen den Rücken stärken, sollte er wieder das «Zepter in die Hand» nehmen müssen. Streng gesehen hat die Stimmbevölkerung zwar nur das Zertifikat und einzelne wirtschaftliche Hilfen gutgeheissen. Doch gerade die Gegnerinnen und Gegner haben das Referendum zu einer Abstimmung über die künftige Pandemie-Politik hochstilisiert.
Mit dieser nun sehr deutlichen Zustimmung darf der Bundesrat davon ausgehen, dass er wohl auch eine Mehrheit der Stimmbevölkerung auf seiner Seite hätte, falls neue schweizweite Massnahmen nötig werden sollten.
Mehrheit immer auf Seite des Bundesrats
Eine Mehrheit der Stimmbevölkerung war in sämtlichen repräsentativen Umfragen seit Beginn der Krise vor bald zwei Jahren immer auf der Seite des Bundesrates. Diese Umfragen zeigten jeweils aber auch: Die Befragten wünschten selten mehr Massnahmen als die Regierung gerade verhängt hatte.
So wenig Einschränkungen wie möglich, so viele wie nötig: Mit dieser pragmatischen und zeitweise auch mutigen schweizerischen Politik der Pandemiebekämpfung ist der Bundesrat bisher gut gefahren. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob dieser Kurs auch jetzt noch aufgeht. Die grosse Bewährungsprobe für den Bundesrat dürfte erst kommen.