Er gilt als vom Aussterben bedroht, gehört zu den Ibisvögeln, ist etwa so gross wie eine Gans und fällt vor allem durch seinen nackten Kopf, seinen langen roten Schnabel und schwarz-grüne Federn auf: der Waldrapp. Jahrhundertelang lebten in der Schweiz keine Waldrappe mehr, jetzt sind sie zurück.
Zuletzt tummelte sich eine Gruppe Waldrappe bei Domat/Ems im Raum Chur im Kanton Graubünden. Die Zugvögel stammen aus einem österreichischen Projekt, welches die Tiere wieder in Europa ansiedeln will. In Deutschland und Österreich sind die Vögel bereits wieder heimisch. Auch in der Schweiz fühlt sich der Waldrapp immer wohler.
Eigentlich sollten die Waldrappe, die ihre Brutstätten im Raum Bodensee haben, in Italien überwintern. Doch die Vögel blieben auf dem Weg gen Süden im Churer Rheintal stecken; sie haben den Flug über die Alpen nicht geschafft. Das Gleiche geschah bereits vor einem Jahr.
Zu spät dran für die Thermik
«Das ist ein Phänomen, das wir seit mehreren Jahren beobachten. Die Bedingungen sind durch die Klimaerwärmung gut, deshalb versuchen die Waldrappe spät, über die Alpen zu kommen. Das schaffen sie leider nicht mehr gut, weil die Thermik fehlt», erklärt Johannes Fritz, Projektleiter der Waldrapp-Wiederansiedlung in Österreich.
Die Idee ist es, den Waldrappen eine Zugroute nach Andalusien anzutrainieren.
Grundsätzlich überleben die Waldrappe den Winter nicht, wenn sie auf der Alpennordseite bleiben. Deshalb seien sie zu Massnahmen gezwungen, sagt Johannes Fritz: «Wir fangen die Vögel ein mit Futterautomaten und Fangeinrichtungen. Dann bringen wir sie über die Alpen. Vom Südrand fliegen sie dann sofort weiter.» Letzten Samstag wurden sie in Graubünden eingefangen.
Fluggeräte kommen zum Einsatz
Eine dauerhafte Lösung sei das aber nicht. Der jetzige Ansatz des Wiederansiedlungsprojekts ist, das Zugverhalten und die Route zu modellieren. Das sei nicht einfach: «Die Idee ist, die Waldrappe umzuleiten und ihnen eine Zugroute nach Andalusien anzutrainieren. So umfliegen sie die Alpen und auch die Pyrenäen.»
Das Training geschieht mittels kleiner Fluggeräte. Jungvögel sollen darauf trainiert werden, dem Fluggerät zu folgen. «Grundsätzlich geht das, aber das braucht Jahre. Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen», sagt Johannes Fritz. So sollen die Waldrappe in Zukunft nicht mehr im Churer Rheintal feststecken. Und falls doch, gibt es vorläufig noch eine Taxifahrt nach Italien.