Das hat Seltenheitswert: Der Bundesrat will das wichtigste Ziel einer Volksinitiative gleich selbst umsetzen. Das Netto-Null-Ziel bis 2050 teile er, schreibt der Bundesrat in seinem Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative.
Dies ist ganz zur Freude der Initianten. Der Co-Präsident des Vereins Klimaschutz Schweiz, der die Initiative lanciert hat, Dominik Siegrist sagt: «Wir begrüssen es, dass der Bundesrat grosse Teile des Initiativtexts unverändert übernehmen will. Es ist für uns aber nicht überraschend, da der Bundesrat bereits vor einem Jahr das Netto-Null-Ziel beschlossen hat.»
Planungssicherheit für die Wirtschaft
Das Netto-Null-Ziel hat der Bundesrat bereits letzten Sommer festgelegt. Nun will er es auch in die Verfassung schreiben. Damit erhielten die Wirtschaft und Private Planungssicherheit, argumentiert er. Überdies habe die Schweiz als verletzliches Alpenland ein ureigenes Interesse daran, den Klimawandel zu begrenzen.
Bundesrat und Initianten verfolgen also dasselbe Ziel. Auf dem Weg dorthin stellt der Bundesrat die Weichen allerdings in zwei zentralen Punkten anders. Zum einen verlangt die Initiative ein Verbot von fossilen Brenn- und Treibstoffen, also von Benzin, Kerosin oder Heizöl bis 2050.
Ein solches Verbot ist aus Sicht des Bundesrats zu einschneidend; etwa für Berg- und Randregionen, denn sie seien weniger gut an den ÖV angeschlossen. Auch Armee, Polizei oder Sanität sollten weiterhin mit Verbrennungsmotoren unterwegs sein dürfen.
Initianten halten an ihrer Version fest
Die Initianten hingegen beharren auf dem Verbot, so Siegrist von den Initianten. «Es besteht das Risiko, dass dieser Artikel seine Ziele verfehlt. Darum halten wir auch am Initiativtext fest. Wir finden es wichtig, dass dieses Verbot auch in die Verfassung geschrieben wird.»
Auch in einem zweiten Punkt wählt der Bundesrat einen anderen Weg. Es geht um den Ausgleich von Treibhausgasen im Ausland. Die Initiative verlangt, wenn in Ausnahmefällen weiterhin doch Treibhausgase ausgestossen werden sollten, müssen diese mit einer sogenannten Treibhaus-Gassenke im Inland ausgeglichen werden, zum Beispiel in Wäldern oder CO2-Speichern in geologischen Lagerstätten.
Der Bundesrat will solche Senken auch im Ausland ermöglichen. Die Initianten hingegen bestehen auf dem Inland allein. «Es wird so sein, dass alle Länder dieses Ziel verfolgen. Es wäre unsolidarisch, wenn ein reiches Land wie die Schweiz im Ausland ihre Treibhausgase kompensieren würde», sagt Sigrist dazu.
0.3 Prozent des BIPs fürs Klima
Das Netto-Null-Ziel sei zumindest beim Verkehr, im Gebäudepark und in der Industrie erreichbar, schreibt der Bundesrat. Erstmals nennt er auch einen Preis dafür: jährlich 0.3 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Dem seien allerdings die Kosten gegenüberzustellen, was passieren würde, wenn man nichts mache.
Zum Vorschlag des Bundesrats können sich nun Parteien und Verbände äussern und später einmal wohl auch das Stimmvolk.