Der Bundesrat will weg von Öl, Gas, Benzin und – das kleinste Problem für uns – Kohle. Für den Klimaschutz. Und die Schweiz will auch raus aus der Atomenergie, abgesegnet vom Volk als Reaktion auf das Atomunglück im japanischen Fukushima. Beides zusammen zu erreichen ist darum eine Herausforderung, weil es für beides mehr und vor allem neuartige Stromproduktion braucht.
Was wegen der heruntergefahrenen Atomkraftwerke (AKW) an Strom fehlt, muss mit erneuerbaren Energien kompensiert werden, vor allem mit einem gigantischen Ausbau der Solarenergie. Verglichen mit heute sollen die Photovoltaik-Anlagen in der Schweiz in 30 Jahren 15 Mal mehr Strom erzeugen.
Positive Energieperspektive
Dazu kommt mehr Wasserkraft, soweit ein Ausbau noch möglich ist. Und es braucht weitere Speicherseen, damit der Ökostrom, der nicht so regelmässig anfällt wie die sogenannte Bandenergie aus den AKW, auch gespeichert werden kann.
Um klimaneutral zu werden, braucht es noch einmal mehr Strom. Weil auf den Strassen nicht mehr mit Benzin, sondern mit Strom gefahren werden soll. Das alles sei technisch möglich, ergeben die Berechnungen in der Studie, die der neuen Energieperspektive des Bundes zugrunde liegt.
Viele Bedingungen müssen erfüllt sein
Und zwar dann, wenn wir im Jahr 2050 (nur) etwa 11 Prozent mehr Strom brauchen als heute, weil wir dafür andernorts Strom sparen. Dann, wenn 2050 (nur) 3.6 Millionen Elektrofahrzeuge auf unseren Strassen unterwegs sind. Dann, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien im nötigen Ausmass gelingt.
Dann, wenn die Widerstände gegen Stauseen den Ausbau der Wasserkraft nicht bremsen. Dann, wenn Parlament und Volk bereit sind, die Energiewende zu finanzieren – bis hin zu einer Lenkungsabgabe, die der Bundesrat erneut prüft, nachdem sie im Parlament schon einmal gescheitert ist. Es sind viele Bedingungen, die erfüllt sein müssen.
Wasserkraftprojekte könnten verzögert werden
Just am Tag, als das Bundesamt für Energie die Energiewende für machbar erklärt, erringen Umweltverbände vor Bundesgericht einen Teilsieg bei ihrem Kampf gegen die Erhöhung der Grimsel-Staumauer. Ein Urteil, das auch das Wasserkraftprojekt am nahegelegenen Triftgletscher verzögern oder gar verhindern könnte.
Man kann dieses zeitliche Zusammentreffen von Energiestrategie und Bundesgerichtsurteil «zufällig», «ironisch» oder auch ein «schlechtes Omen» nennen. Jedenfalls zeigt es sehr deutlich, wie gross der Unterschied zwischen technisch möglich und politisch machbar im Einzelfall sein kann.