Wollte man sich früher nett unterhalten, sprach man über das Wetter. «Daran konnte man sich festhalten», sagt NZZ-Journalistin Claudia Schwartz zu Beginn der Sendung. Heute kann man kaum mehr ein explosiveres Thema wählen: «Sprechen wir über das Wetter, sind wir sofort im Krisenmodus.»
Das wird auch in diesem «Club» nicht anders sein. Moderatorin Barbara Lüthi und ihre Gäste gehen der Frage nach, wie Aussagen zum Wetter zum Politikum werden. Und wie sich Wissenschafterinnen, Meteorologen und Journalistinnen plötzlich im Auge eines Shitstorms wiederfinden können.
Weshalb werden sie derart angefeindet? Lukas Rühli vom Thinktank Avenir Suisse ortet das Problem auch in der Berichterstattung: «Sie enthält eine gewisse Asymmetrie», kritisiert er. Sei es im Sommer kühl, berichte kein Medium darüber. Nach ein paar heissen Tagen aber herrsche Alarmismus. Am meisten stört er sich aber daran, wenn Medienschaffende zu Aktivistinnen und Aktivisten werden und nicht mehr unvoreingenommen berichten.
Mit Rühlis Aussage schnellt die Temperatur im «Club» sofort hoch. «Der Vorwurf des Aktivismus hat System», entgegnet Journalist Elia Blülle. «Er wird regelmässig erhoben, wenn sich Journalistinnen und Journalisten mit Klimafragen beschäftigen.» Das Beispiel von Thomas Bucheli etwa habe gezeigt, wie schnell Meteorologen unterstellt werde, eine politische Kampagne zu fahren. SRF Meteo hatte für den Mittelmeerraum über mehrere Tage zu hohe Temperaturen vorhergesagt. Die «Weltwoche» fand: mit Absicht.
Der Klimawandel spaltet die Gesellschaft
Reto Knutti, ETH-Professor für Klimaphysik, hat eine andere Erklärung für die Anfeindungen. Auch er als Klimaforscher erlebt sie fast täglich. Dabei geht es in seiner Wissenschaft um Grundlagenphysik, um Thermodynamik, um Daten und Klimamodelle, die auf Hochleistungsrechnern modelliert werden. «Aber egal, was man zur Physik sagt, es ist immer gleich Politik», sagt er. Wieso? Das Wetter werde mit dem Klima gleichgesetzt und das Klima mit dem Klimaschutz. Und dieser spalte die Gesellschaft. Es gehe um links und rechts, um Staat und um die Freiheit des Einzelnen.
Nicht nur in der Schweiz, weltweit sehen sich Meteorologinnen und Meteorologen vermehrt Attacken ausgesetzt: In Spanien wurden sie beschimpft, nur weil sie hohe Temperaturen vorhersagten. Und in den USA wurde ein Meteorologe des Senders KCCI so heftig beschimpft und bedroht, dass er seinen Job aufgab – den Job, von dem er schon als Zweitklässler geträumt hatte.
Solche Shitstorms schütteln die betroffenen Teams durch. «Wir mussten die Geschehnisse erst verdauen», sagt Thomas Bucheli, Redaktionsleiter von SRF Meteo. Niemand exponiere sich gerne im Wissen, dass er eins auf den Deckel bekomme. Gleichzeitig war ihm und seinem Team auch klar: «Wir haben eine Aufgabe.» Die Aufgabe, Wetterprognosen zu erstellen – und Ereignisse einzuordnen, die aus dem Rahmen fallen.
Auch Reto Knutti sieht es als seine Pflicht, sich weiterhin zu äussern: «Die Wissenschaft kann nicht nur Zahlen produzieren. Die Leute brauchen auch jemanden, der sie ihnen erklärt.»