Es ist ein harter Schlag für die Angestellten: Der Schweizer E-Bike-Pionier Flyer will seine Velos künftig nicht mehr in Huttwil BE produzieren. Das Unternehmen hat am Mittwoch seine Mitarbeitenden informiert.
Man reagiere mit der Massnahme auf die schwierige Marktsituation in der Fahrradbranche, schreibt die Zweirad-Einkaufsgenossenschaft ZEG. Ihr gehört die Flyer AG seit 2017.
Angestellte sind geschockt, Gemeinde ist überrascht
Wie viele der 170 Stellen gestrichen werden, ist derzeit unklar. Das Unternehmen schreibt von einem «grossen Teil der Belegschaft», die betroffen ist. Laut einer internen Quelle sollen es rund 155 Stellen sein.
Wir wissen nicht, wie es weitergeht.
Das Unternehmen hat ein Konsultationsverfahren eingeleitet. Die Geschäftsleitung bedauert die aktuelle Entwicklung «ausserordentlich», wie sie schreibt.
Nach der Hiobsbotschaft sitzt der Schock bei den Angestellten tief. «Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Wir sitzen zwischen Stuhl und Bank». Mehr können sie am Nachmittag vor dem Flyergebäude dazu nicht sagen, ihnen fehlen die Worte.
«Wir sind total überrascht», sagt Gemeindepräsident Walter Rohrbach. Die Gemeinde habe erst aus den Medien von den Plänen erfahren. «Wir sind enttäuscht.» Flyer sei das Flagschiff des Wirtschaftsstandorts Huttwil. «Jetzt verlieren wir wieder Arbeitsplätze, das ist tragisch.»
Zweite Restrukturierung innert kurzer Zeit
Erst im Herbst vor einem Jahr musste Flyer abspecken. Das Unternehmen entliess ein Viertel der Mitarbeitenden. Schon damals begründeten die Verantwortlichen diesen Schritt mit der «schwierigen Marktsituation» in der gesamten Branche.
Die E-Bike-Branche befindet sich im Umbruch. Jahrelang ist die Nachfrage nach Elektrofahrrädern gestiegen. Während der Pandemie gingen die Bestellungen durch die Decke: 2022 wurden in der Schweiz 220'000 neue E-Bikes verkauft – ein Rekord. Seither geht die Nachfrage zurück.
«Halten am Standort fest», hiess es kürzlich
Wie viele andere Anbieter hat auch Flyer mit vollen Lagern zu kämpfen. «Wir konnten zwar die Lagerbestände abbauen, aber sie sind noch immer auf zu hohem Niveau», sagte Geschäftsführer Andreas Kessler erst vor wenigen Wochen gegenüber mehreren Medien. Bis zur Normalisierung der Situation werde es noch eine Weile dauern.
Trotz Schwierigkeiten in Huttwil betonten die Verantwortlichen aber immer wieder, den Standort nicht aufgeben zu wollen. Eine Verlagerung der Produktion ins Ausland? Diese Sorge sei unbegründet. «Am Standort Schweiz wird festgehalten», sagte Andreas Kessler vor kurzem gegenüber verschiedenen Medien.
Nun ist es anders gekommen. Der endgültige Entscheid zum Stellenabbau fällt in wenigen Wochen. Die Geschäftsleitung von Flyer will die betroffenen Angestellten mit einem Sozialplan unterstützen.