Darum geht es: Die FDP-Fraktion im Bundeshaus hat einen neuen Präsidenten. Im Voraus war klar, dass es ein Mann aus der Westschweiz sein würde. Der Waadtländer Olivier Feller und der Neuenburger Damien Cottier stellten sich zur Wahl, beide sitzen im Nationalrat. Durchgesetzt hat sich Damien Cottier. Am Nachmittag wurde das Wahlresultat bekanntgegeben.
So knapp war es: Cottier machte das Rennen mit 19 zu 18 Stimmen. Wie Cottier Feller ausgestochen hat, ist nicht klar, weil die Wahl geheim war, aber es gibt Vermutungen. Von insgesamt 41 Fraktionsmitgliedern fehlten offenbar vier. «Bei so einem knappen Resultat fällt natürlich jede abwesende Stimme ins Gewicht», sagt SRF-Bundeshausredaktor Gaudenz Wacker.
Das stand schon fest: Cottier startete bereits mit einem ganz kleinen Vorsprung. Er hat in der Gruppe der lateinischsprachigen Fraktionsmitglieder zwei Stimmen mehr geholt als Feller. Es sei gut denkbar, dass der eine oder die andere mit ihm einen politischen Ausgleich zum Parteipräsidenten Thierry Burkart schaffen wollte, sagt Wacker. «Burkarts Profil ist eher rechts, Feller politisiert gemäss NZZ-Rating praktisch exakt auf der Mittellinie seiner Fraktion.» Cottier hingegen sei das Fraktionsmitglied mit der linksten Position im Rat.
«Und dann spielen wohl immer auch persönliche Dinge mit», glaubt der Bundeshausredaktor. «Feller ist derzeit noch Vize-Fraktionspräsident. Möglicherweise vermuteten einige deshalb eine Nähe zum Parteipräsidenten und suchten darum einen Ausgleich mit einem neuen Kopf.» Und schliesslich sei Feller perfekt zweisprachig. «Aus Sicht einiger Westschweizer vielleicht schon zu perfekt, sodass er für einige fast schon als Deutschschweizer gilt».
Dafür steht Damien Cottier: Der Romand ist seit gut zwei Jahren Nationalrat und dürfte wohl vielen Deutschschweizern deshalb noch kein Begriff sein. «Er ist aber alles andere als ein Neuling im Bundeshaus», so Wacker. «Er war sieben Jahre lang persönlicher Mitarbeiter von Bundesrat Didier Burkhalter.»
Davor war Cottier Fraktionspräsident im Neuenburger Kantonsparlament und Medienchef der FDP Schweiz. «Politisch steht Cottier für eine offene Europa-Politik.» Menschenrechte und Minderheiten seien ihm wichtig. «Umweltpolitisch steht er für einen grüneren Kurs als Parteipräsident Burkart.»
So soll die Zusammenarbeit aussehen: Die unterschiedlichen Profile von Parteipräsident Burkart einerseits und Cottier andererseits, könnten sogar Teil eines Konzepts sein, sagt der Bundeshausredaktor. «So fühlen sich zumindest verschiedene Strömungen jeweils durch ihre Spitzenvertreter repräsentiert.» Cottier selbst sagt, er kenne Burkart schon seit über 20 Jahren. Es gebe «politische Nuancen» zwischen ihm und Burkart. Sie würden aber zusammen diskutieren und Lösungen suchen.
So reagiert die Parteileitung: «Die FDP-Spitze versuchte heute wenig überraschend, ein möglichst geschlossenes Bild abzugeben», hat Wacker beobachtet. Der neue Fraktionspräsident betonte demnach sogleich, alle Fraktionsmitglieder stünden rechts oder Mitte-rechts. Und sein Vorgänger, Beat Walti, sagte, trotz dieses knappen Wahlresultats sei die Fraktion inhaltlich keineswegs gespalten. «Es ist nun an Cottier, mit dieser knappen Mehrheit zu beginnen und eine Linie zu definieren.»