Auf dem Gletscher hoch über Saas-Fee herrschen in diesen Tagen traumhafte Bedingungen. Über 50 Skiteams aus aller Welt trainieren hier für die bevorstehende Weltcup-Saison. Und es werden in den kommenden Wochen immer mehr.
Auf dem Gletscher kann das auch mal zu Dichtestress führen. Bisher verteilten sich die Teams im Spätsommer und Herbst auf Zermatt und Saas-Fee. Doch dieses Jahr ist alles anders. Die Zermatter Gletscherpisten sind für die Skiprofis gesperrt. Die Zermatter Bergbahnen begründen das Verbot folgendermassen: Wer die Abfahrt nicht will, braucht das Training nicht zu haben.
Spektakuläre Abfahrt abgesagt
Die Rede ist von dieser Abfahrt, die nie gefahren werden konnte. Das «Matterhorn Cervino Speed Opening», mit Start in Zermatt und Ziel in Italien. Angekündigt als Spektakel, endete sie im Debakel. Im ersten Jahr zu wenig Schnee. Im zweiten Jahr zu viel Wind. Deshalb zog der Internationale Skiverband FIS in diesem Frühjahr die Notbremse und schmiss Zermatt wieder aus dem Rennkalender. Trotz laufendem Fünfjahresvertrag. Nicht mit uns, riefen die Zermatter und sprachen ihn: den Gletscherbann.
Saas-Fee sprang in die Bresche und baute sein Trainingsangebot aus, vor allem im Speed-Bereich. Doch der Zermatter Ausfall kann damit nicht gänzlich kompensiert werden. SRF-Skiexperte Stefan Abplanalp bedauert, dass die Situation derart eskalieren musste. «Wer fast am meisten darunter leidet, ist unsere Stufe ‹Nachwuchs Europacup›. Die hatten bisher immer einen Vorteil, weil sie von der Speed-Piste her eine Variation hatten: Zermatt und Saas-Fee. Das war wichtig für die Ausbildung der Fahrerinnen und Fahrer», so Abplanalp.
Kommt es doch noch zu einer Abfahrt?
Doch das Zermatter Muskelspiel zeigt Wirkung. Der internationale Skiverband FIS möchte nun doch wieder eine Abfahrt in Zermatt, allerdings auf der Gornergrat-Strecke und nicht mehr zum Saisonbeginn, sondern zum Saisonende im März. Die Gornergrat-Abfahrt war in den 1950er- und 1960er-Jahren, noch vor der Einführung des Ski-Weltcups, eines der bekanntesten Skirennen Europas.
Nun will der Internationale Skiverband sie wieder aufleben lassen und sich auf die Weise wohl auch dem Vorwurf des Vertragsbruchs entziehen. Doch das Zückerchen scheint den Zermattern nicht so recht zu munden. Der Termin sei schwierig, sagt Bahndirektor Markus Hasler: «Im März ist Zermatt voll. Es ist Hochsaison und da wird es fast unmöglich sein, den Tross unterzubringen.»
Nun muss sich das ganze Dorf mit all seinen Dienstleistern entscheiden: Soll die Gornergrat-Abfahrt wieder auferstehen oder besser doch begraben bleiben? Die Antwort darauf will Zermatt noch diesen Herbst verkünden.
Derweil trainieren die Skicracks weiter in Saas-Fee, inmitten einer Bilderbuch-Kulisse. Doch hinter den Kulissen, da tobt der Machtkampf.