Bis Ende Januar darf der Berner Osteopath Daniel Piller mit seinem österreichischen Diplom in der Schweiz arbeiten. Dann läuft die Übergangsfrist gemäss Gesundheitsberufegesetz (GesBG) ab. Es regelt seit 2020 die Ausbildung von sieben Gesundheitsberufen und schreibt auch für Osteopathie ein Fachhochschulstudium vor.
Wer aus dem Ausland kommt, muss seine Ausbildung anerkennen lassen und allenfalls zusätzliche Ausbildungen machen. Der Verband akademischer Osteopathinnen und Osteopathen Schweiz schätzt, dass etwa 800 bis 1000 Berufsleute betroffen sind. Alle schon im Beruf tätig, dürften sie ab Februar nicht mehr in der heutigen Form arbeiten.
Seit Jahren praktizierende, von den Kassen anerkannte und bestens ausgebildete Osteopathinnen und Osteopathen werden aus rein bürokratischen Gründen auf die Strasse gestellt.
Manuela Meier sitzt im Vorstand des Verbands und ist selber betroffen. Sie kritisiert: «In Zeiten von Fachkräftemangel werden seit Jahren praktizierende, von den Krankenkassen anerkannte und international bestens ausgebildete Osteopathinnen und Osteopathen aus rein bürokratischen Gründen auf die Strasse gestellt.»
Rotes Kreuz relativiert
Zuständig für die Zulassungen ist das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) im Auftrag des Bundes. Marc Bieri von der Abteilung Gesundheitsberufe erklärt: «Das SRK vergleicht Bildungsinhalte, Ausbildungsdauer, Ausbildungsstufe und Berufsbild. Bei wesentlichen Unterschieden verordnet das SRK Ausgleichsmassnahmen und zeigt, wie die Lücken kompensiert werden können.»
Wir sehen ausländische Osteopathie-Ausbildungen von 200 Stunden, verglichen mit 8100 Stunden in der Schweiz.
Gerade in jüngeren Berufen wie der Osteopathie, die nicht oder noch nicht überall reguliert sind, gibt es grosse Unterschiede zwischen der Schweiz und dem Ausland: Bieri spricht von einer riesigen Schere: «Wir sehen ausländische Osteopathie-Ausbildungen von 200 Stunden, verglichen mit 8100 Stunden in der Schweiz.» Es gehe auch um Patientenschutz, so das SRK.
Daniel Piller betont, dass er an der Fachhochschule für Gesundheit in Österreich keine Schnellbleiche absolviert habe, sondern einen Master of Science – zu einer Zeit, als es diese Ausbildung in der Schweiz noch gar nicht gab. Nun überlegt er sich gar, nach Österreich auszuwandern.
In jedem Land andere Regeln
Die Herausforderung für Berufsleute wie auch für das SRK: Die Aufgaben und Befugnisse der Osteopathen unterscheiden sich je nach Land. In der Schweiz arbeiten sie als Erstansprecher und behandeln Menschen, die direkt zu ihnen kommen. In anderen Ländern arbeiten sie mit Ärzten zusammen und wieder anderswo ist der Beruf gar nicht reglementiert.
«In Österreich etwa braucht es keine Berufsausübungsbewilligung. Man muss entweder Arzt oder Physiotherapeut sein und kann so osteopathische Leistungen verrechnen», hält Piller fest. Die von der Schweiz geforderte Berufsausübungsbewilligung sei also etwa in Österreich gar nicht erhältlich. Das SRK sieht darin allerdings ein Zeichen, dass die Betroffenen nicht genügend ausgebildet wurden.
Wie geht es weiter?
Für viele Berufsleute, aber nicht für alle, gab es vorübergehend eine Anerkennungsprüfung der Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK). Inzwischen gibt es diesen Weg nicht mehr.
«Für die Betroffenen, die über das SRK keine Anerkennung erlangen können, gibt es zurzeit keinerlei Weiterbildung, Kurs oder Passerelle, um so vielleicht noch zu einer Anerkennung zu kommen», bilanziert Manuela Meier vom Verband. Betroffene müssten nun in der Schweiz noch einmal die Hochschulbank drücken, wenn sie weiterhin eigenständig tätig sein wollen. Mehrere Gerichtsverfahren sind aktuell hängig.