Swiss Made. Das steht eingraviert auf einem silbrigen Zylinder. Es ist ein Antriebsmotor der Firma Faulhaber Minimotor SA aus dem Tessin. Das zeigen die Bilder, die SRF von armenischen Journalisten erhalten hat.
Vahe Saruckhanyan ist der Journalist, der in Armenien die Geschichte publiziert hat. «Mein Chefredaktor und unser Fotograf konnten am 18. Oktober die Absturzstelle der Drohne in der Nähe der Stadt Schuschi besuchen. Armenische Soldaten vor Ort sagten, sie hätten die Drohne abgeschossen.»
Der Journalist Vahe Saruckhanyan arbeitet für Hetq, auf Deutsch - die Spur. Es ist ein armenisches Investigativ-Medium. Unter Armenien-Expertinnen und -Beobachtern gilt das Portal als seriös. Die Redaktion ist Mitglied des internationalen Netzwerkes Investigativer Journalistinnen und Journalisten.
Kamikaze-Drohne: Explosion bei Aufschlag
Bei den Drohnen-Überresten handelt es sich nach Meinung des Journalisten um Teile einer israelischen Harop-Drohne, auch Kamikaze-Drohne genannt.
«Unsere Truppen schossen solche Harop-Drohnen bereits 2016 ab. Ich konnte frühere Bilder vergleichen mit der jetzt abgeschossen Drohne. Die Flügelstrukturen und die Flügelgelenke sind die gleichen. Es muss die gleiche Drohne sein.»
In der Fachsprache wird die Harop-Drohne auch Loitering Munition genannt, eine herumlungernde Munition. Sie wird von einem Raketenwerfer in die Luft geschossen. Sie kann bis zu 9 Stunden über dem Zielgebiet kreisen und stürzt sich dann auf Befehl der Bodenstation aufs Ziel und explodiert. Die Harop-Drohne ist ein israelisches Rüstungs-Produkt und wurde auch an Aserbaidschan verkauft.
Aber wie kommt ein Schweizer Antriebsmotor mutmasslich in eine israelisch-aserbaidschanische Drohne?
SRF hat am Sonntag eine erste Stellungnahme der Firma Faulhaber erhalten. Bei Faulhaber handelt es sich um einen deutschen Industriekonzern, dessen Tochterfirma Faulhaber Minimotor im Tessin Elektromotoren baut wie jenen, der auf dem Trümmer-Bild zu erkennen ist.
Faulhaber schreibt, dass der weltweite Warenverkehr aller Faulhaber-Standorte grundsätzlich den international geltenden Exportkontrollbestimmungen unterliege. Die Firma gehe davon aus, dass diese auch im vorliegenden Fall angewendet worden seien. Faulhaber verspricht im Verlauf des Montags eine ausführliche Stellungnahme.
Schweizer Technologie im Krieg - ist das erlaubt?
Die Schweizer Gesetzgebung verbietet die Lieferung solcher Elektromotoren aus der Schweiz an Israel und dann Aserbaidschan nicht. Dies bestätigt das Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco), das für Exportkontrollen zuständig ist.
«Solche elektrischen Antriebe (Elektromotoren) sind von der Güterkontrollgesetzgebung nicht erfasst und können bewilligungsfrei exportiert werden. Solche Antriebe haben eine breite industrielle Anwendung.»
Das Seco weist darauf hin, dass der besagte Elektromotor nicht zum Antrieb der Drohne diene, sondern möglicherweise beim Klappmechanismus der Flügel eingesetzt werde. Solche Elektroantriebe können also grundsätzlich an jedes Land verkauft werden: dort kann der Motor in bewaffnete und unbewaffnete Drohnen eingebaut werden.