Vor fast zehn Jahren ereignete sich in Laax ein tragischer Unfall, bei dem eine Wanderin von einer Mutterkuh-Herde tödlich verletzt wurde. Seither kommt es auf Bündner Alpen immer wieder zu Konflikten zwischen Touristen und Kühen.
Die Touristen halten sich nicht mehr an die Regeln.
Der zunehmende Massentourismus, der bisher vor allem in Regionen wie Grindelwald oder Luzern ein Problem war, macht auch vor den Bündner Alpen nicht Halt. Davon ist Christian Erni von der Alpgenossenschaft Trin GR überzeugt. Auf vier verschiedenen Alpen ist er unter anderem dafür zuständig, die Kühe mit einem Sender auszustatten.
«Die Touristen halten sich nicht mehr an die Regeln, die auf den Alpen und Weiden gelten», sagt Erni. Sie liefen absichtlich durch Kuhherden oder versuchen, Kälber zu streicheln – ein Verhalten, das leicht zu gefährlichen Situationen führen könne. Und das, obwohl überall Schilder vor Mutterkühen und Herdenschutzhunden warnen.
GPS-Tracker sollen Abhilfe schaffen
Um solche Konflikte zu vermeiden, hat die lokale Tourismusorganisation Flims Laax Falera Management AG in den letzten vier Jahren Mutterkühe und auch Herdenschutzhunde mit GPS-Trackern ausgestattet. Seither können Touristinnen und Touristen über eine Internetseite grobe Informationen über den Aufenthaltsort der Kühe abrufen.
Während die Bauern den genauen Standort ihrer Tiere kennen, erhalten die Wanderer nur eine ungefähre Angabe, um gezielten Kontakt mit den Tieren zu vermeiden.
«Unsere Absicht ist es, den Gästen bei der Planung ihrer Wanderungen oder Biketouren zu helfen. Sie sollen wissen, wo sie mit Mutterkühen rechnen müssen», erklärt Jascha Schmid, Projektleiter bei der lokalen Tourismusorganisation.
Der Nutzen für die Landwirtschaft ist im Vergleich zum Tourismus nicht so gross.
Insgesamt wurden 80 QR-Codes an den Wanderwegweisern im Gebiet angebracht, die von den Touristen rege genutzt werden. In den letzten zwei Jahren wurden die Codes bereits 7400 Mal gescannt.
Die Idee, Kühe per GPS zu verfolgen, entstand vor vier Jahren im Rahmen eines Pilotprojekts des Bündner Tiefbauamts. Nachdem das Konzept gut angekommen war, übernahm die Tourismusorganisation das Projekt und trägt seither alle anfallenden Kosten.
Landwirtschaft profitiert nicht
Doch nicht alle sind begeistert. Während sich die Touristiker über den Erfolg des Projekts freuen, ist die Begeisterung bei den Landwirten eher verhalten. «Der Nutzen für die Landwirtschaft ist im Vergleich zum Tourismus nicht so gross», erklärt Landwirt Christian Erni.
Die Sender brächten eher Nachteile: Auf einer Alp habe es Bauern gegeben, die ihre Hirten mit dem GPS-Tracker überwacht hätten. Sie hätten geschaut, ob die Tiere am richtigen Ort seien. Die Landwirte machen vor allem deshalb mit, weil für sie keine Kosten und praktisch kein Aufwand entstehe.
Damit die Bauern wirklich von den GPS-Trackern profitieren könnten, müssten alle Tiere und nicht nur die Mutterkühe mit Sendern ausgestattet werden. Damit könnten die Kuhglocken ersetzt und die Tiere zum Beispiel bei Nebel leichter gefunden werden. Alle Tiere mit einem Sender auszustatten, wäre aber sehr teuer und «deshalb eine Utopie», sagt Erni.
Die Sender bleiben auch in Zukunft
Das Projekt soll weitergeführt werden, mit einigen technischen Neuerungen: Künftig sollen die Standortdaten über Satelliten statt über das Mobilfunknetz übertragen werden, und die GPS-Tracker sollen kleiner und solarbetrieben sein.