«Das Ziel war klar: Ich werde heterosexuell», erzählt Mäth Gerber von seiner ersten Erfahrung mit einer Therapeutin, die er wegen seiner Homosexualität aufgesucht hatte. «Sie hat mir gesagt, nach drei bis vier Sitzungen sei das erledigt», so Gerber weiter. Er ist in einem freikirchlichen Umfeld aufgewachsen und hat sich als junger Mann eine Familie mit Frau und Kindern gewünscht.
Die erste Therapie bricht Gerber ab, macht dann aber weitere sogenannte Konversionstherapien. Bei diesen Therapien oder Massnahmen geht es darum, homosexuelle Personen zu «heilen» oder ihnen zu helfen, ihre Sexualität zu unterdrücken. Beim nächsten Therapeuten sei es dann nicht mehr darum gegangen, ihn umzupolen, sagt Gerber. «Aber die Idee war schon, dass die Homosexualität wahrscheinlich aus einer Verletzung oder etwas Ähnlichem heraus entstanden sei», erzählt er. Und wenn er dieser Verletzung auf den Grund gehen könne, dann ändere sich eventuell etwas an der Wahrnehmung seiner Sexualität.
Nach über zehn Jahren Therapie merkt er, dass alle diese Bemühungen nicht funktionieren. «Das hat sehr viel Frust ausgelöst bei mir», erzählt er rückblickend. «Ich glaube, das ist definitiv nicht spurlos an mir vorbeigegangen, dieses ständige Ankämpfen gegen mich.» Er habe ständig gehört, dass es Dinge an ihm gebe, die nicht gut seien.
Vorstoss im Parlament
Das Thema beschäftigt auch das Parlament. Dieses will derzeit aber noch kein Verbot von Konversionstherapien in der Schweiz. Der Nationalrat hat sich mit 99 zu 77 Stimmen gegen zwei Standesinitiativen aus Luzern und Basel-Stadt ausgesprochen. Damit ist das Verbot aber nicht vom Tisch.
Denn der Nationalrat hat bereits im Dezember 2022 eine Motion angenommen, die ein Verbot fordert. Diese ist im Ständerat hängig. Dessen vorberatende Kommission will einen Bericht des Bundes zu diesem Thema abwarten. Dieser soll diesen Sommer vorliegen, wie Nationalrätin Sibel Arslan (Grüne/BS) im Rat sagte. Aktuell ist schwer abzuschätzen, wie viele Personen in der Schweiz von solchen Konversionstherapien betroffen sind.
«Ich bin für ein Verbot»
Mäth Gerber ist enttäuscht und hofft, dass die Politik aktiv wird. Er blickt heute ohne Groll zurück, hofft aber, dass andere nicht dasselbe erleben müssen. «Ich bin definitiv für ein Verbot», erklärt er bestimmt. Wobei sich Gerber die Frage stellt, wie ein Verbot umsetzbar wäre. Denn seine Therapien seien nie unter der Bezeichnung «Konversionstherapie» angeboten worden, sondern als normale Seelsorge oder Psychotherapie. Gerbers Fazit: «Was dann hinter verschlossenen Türen passiert, ist schwierig zu kontrollieren.»
Heute lebt Mäth Gerber in einer Partnerschaft mit einem Mann und hat drei Göttikinder. Die Beziehung sei nicht immer einfach, weil er so lange gehört habe, dass das nicht in Ordnung sei. Aber er sei sehr dankbar für seinen verständnisvollen Partner.