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Kopplung zweier Vorlagen Nationalratskommission legt Witwenrenten-Reform vorerst auf Eis

Die Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker des Nationalrats wollen die Witwen-Renten erst nächstes Jahr diskutieren – gemeinsam mit einer Initiative der Mitte-Partei für höhere AHV-Renten für Ehepaare.

Auf einen politischen Handel schielt die SVP. Fraktionschef Thomas Aeschi macht der politischen Konkurrenz dieses Angebot: «Man könnte der Mitte-Partei zur Hälfte entgegenkommen und die Ehepaare besserstellen. Gleichzeitig sollten wir aber auch an der Vorlage des Bundesrates zur Reduktion bei den Witwer- und Witwenrenten festhalten und dort die Ausgaben ein Stück weit reduzieren.»

Pensionierte Ehepaare erhalten heute zusammen höchstens das Anderthalbfache einer vollen AHV-Rente. Mit der Volksinitiative der Mitte-Partei könnten Ehepaare auf das Zweifache kommen. Der SVP schwebt das Eindreiviertelfache vor. Das tönt nach komplizierter Politmathematik. Ist es auch, hat aber spürbare Folgen:

Die Mitte-Initiative würde die Renten für Ehepaare um bis zu 1200 Franken pro Monat verbessern, der Vorschlag der SVP um bis zu 600 Franken. Es brauche diesen Schritt wohl, sagt SVP-Fraktionschef Aeschi. Nur so seien Kürzungen bei den Witwen mehrheitsfähig. «Es wird sehr schwierig werden, die Vorlage des Bundesrates zur Anpassung bei den Witwer- und Witwenrenten beim Volk durchzubringen. Deshalb macht eine Verknüpfung dieser beiden Vorlagen Sinn.»

FDP strebt kostenneutrale Lösung an

Auch die FDP schmiedet solche Pläne. Nur dürfe es am Schluss nicht mehr kosten als heute, sagt Parteivizepräsident Andri Silberschmidt. «Verheiratete würden mehr Rente erhalten. Aber um das zu finanzieren, muss man die Privilegien reduzieren. So könnte man in eine Richtung gehen, die für die AHV kostenneutral ist.»

Weisse Engelstatue auf Stein nahe grünen Büschen.
Legende: Witwen sollen künftig deutlich schlechtere Rentenleistungen erhalten als bisher. So will es der Bundesrat. Doch nun haben die Sozialpolitikerinnen und Sozialpolitiker des Nationalrats die umstrittene Reform vorerst auf Eis gelegt. Keystone/GEORGIOS KEFALAS

Privilegien reduzieren – Silberschmidt meint damit das Abbauen bei den Witwenrenten und darüber hinaus noch Zuschläge streichen für verwitwete Seniorinnen und Senioren. FDP und SVP also wollen die Renten der Ehepaare aufbessern und im Gegenzug Leistungen abbauen bei den Witwen, wenn auch unterschiedlich stark.

Linke wehrt sich

Nicht mit uns, sagt die Linke. «Witwen profitieren nicht davon, wenn die Ehepaare mehr Geld bekommen. Im Gegenteil, sie sind bereits konfrontiert mit einem brutalen Schicksalsschlag. Sie haben ihren Ehepartner, ihre Ehepartnerin verloren, riskieren damit auch ein Armutsrisiko. Diese Menschen wollen wir nicht im Stich lassen», sagt SP-Co-Fraktionschefin Samira Marti. Die Sozialdemokraten signalisieren dafür Offenheit für höhere Ehepaar-Renten.

Und so wird die Mittepartei von links und rechts umworben. Fraktionschef Philipp Bregy ist entsprechend entspannt: «Es zeigt, dass wir mit unserer Initiative absolut richtig liegen. Wir haben den Nerv der Menschen getroffen, aber auch denjenigen der Politik.» Im Moment sehe er keinen Grund, sich zu bewegen: «Wir haben keinen Druck, jetzt irgendwelche Deals zu machen. Wir können auch gut und gerne abwarten, bis das Volk entscheidet.»

Parteien bringen sich in Stellung

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi macht schon mal Druck: «Ich weiss nicht, ob die Wahrscheinlichkeit so hoch ist, dass diese Mitte-Initiative tatsächlich angenommen wird. Deshalb dürfte auch die Mitte-Partei an einer Einigung unter den bürgerlichen Parteien interessiert sein.»

Einen Handel auf dem Buckel der Witwen werde die Linke vors Volk bringen, warnt umgehend SP-Co Fraktionspräsidentin Samira Marti. Und sie verweist auf linke Abstimmungserfolge bei der 13. AHV-Monatsrente und bei der Pensionskassenreform. Das Ringen beginnt.

Echo der Zeit, 08.11.2024, 18 Uhr

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