Es ist ein Identifikationsmerkmal: das Wappen. Jede Gemeinde, jeder Kanton und jedes Land hat eines. Meistens existieren die Wappen seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten und sind mit der Geschichte des jeweiligen Ortes verwurzelt. Geändert werden die Wappen nur selten. Zum Beispiel dann, wenn zwei Gemeinden fusionieren. So wie aktuell die Gemeinden Wölflinswil und Oberhof im aargauischen Fricktal.
Der Zufall will es, dass in einer dieser beiden Fusionsgemeinden, in Oberhof, ein Wappen-Experte zu Hause ist. Markus Reto Hefti ist der ehemalige Präsident der Schweizerischen Heraldischen Gesellschaft. Als Heraldiker beschäftigt er sich seit Jahrzehnten mit der Lehre der Wappen und lieferte Ideen für das neue Wappen der Fusionsgemeinde. Mehrere hundert Stunden sass er an seinem Schreibtisch und arbeitete 147 Vorschläge aus.
Auch aus der Bevölkerung gingen Vorschläge ein. Dabei wollten viele die beiden jetzigen Gemeindewappen kombinieren, also den Wolf von Wölflinswil mit dem Haus und den Tannen aus dem Oberhofer Wappen. Zwei dieser Vorschläge sind nun auch in der engeren Auswahl. Darüber ist Markus Reto Hefti gar nicht glücklich. «Durch die Kombination wirkt das Wappen überladen und ist aus der Ferne nicht gut erkennbar.» Ein Heraldiker würde ein Wappen nie so gestalten, so Hefti.
Das Aargauer Wappen ist aus heraldischer Sicht nicht korrekt.
In der Heraldik gibt es aber noch mehr zu beachten. So sind nur gewisse Farben erlaubt: Es gibt Metalle (Gold/Gelb, Silber/Weiss) und Farben (Rot, Blau, Grün, Schwarz). Dabei geht es vor allem darum, einen starken Kontrast zwischen den einzelnen Elementen des Wappens zu schaffen. Darum ist es auch nicht erlaubt, dass Farbe auf Farbe oder Metall auf Metall trifft. Daran halten sich aber nicht alle. Der Kanton Aargau zum Beispiel hat aus Sicht der Heraldik einen klaren Regelbruch begangen: Mit Schwarz und Blau liegen zwei Farben direkt nebeneinander. Das sei sehr ungeschickt, findet Hefti. Der Kontrast sei so nicht genügend ausgeprägt.
Regelpatzer und Musterbeispiele bei historischen Wappen
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Bild 1 von 10. Kanton Aargau. Das Wappen des Kantons Aargau ist für Heraldiker nur schwer anzusehen. Der Grund: die Farben Schwarz und Blau treffen direkt aufeinander. Die Regel lautet eigentlich: Metalle (Gold/Gelb und Silber/Weiss) dürfen nie direkt neben Metallen zu liegen kommen, Farben (Blau, Grün, Rot, Schwarz) nicht neben Farben. Bildquelle: Wikipedia.
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Bild 2 von 10. Münchwilen (AG). Auch hier liegt das Problem bei den Farben. Braun ist in der Heraldik nämlich nicht erlaubt. Die Gemeinde stellt sich aber auf den Standpunkt, dass die Kutte des Mönchs halt braun sei. Bildquelle: Galliker, Joseph Melchior (2004) Gemeindewappen Kanton Aargau.
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Bild 3 von 10. Rafz (ZH). Aus Sicht der Heraldiker nicht optimal gelöst: Von grossen und komplexen Gegenständen sollen möglichst nur Einzelteile dargestellt werden. Wie zum Beispiel statt eines Wagens nur das einzelne Rad. Bildquelle: Wikipedia.
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Bild 4 von 10. Altendorf (SZ). Weil Wappen auch aus der Ferne gut erkennbar sein sollen, empfiehlt die Heraldik Abbildungen zu vereinfachen und charakteristische Merkmale zu übertreiben. Ein gutes Beispiel dafür ist das Wappen von Altendorf im Kanton Schwyz. Bildquelle: Wikipedia.
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Bild 5 von 10. Chéserex (VD). Da bekommt der Heraldiker Augenschmerzen: Das Gemeindewappen von Chéserex enthält viel zu viele verschiedene Elemente und wirkt damit überladen und unübersichtlich. Bildquelle: Wikipedia.
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Bild 6 von 10. Rothenbrunnen (GR). Die Perspektive, also die dreidimensionale Darstellung von Objekten, ist in der Heraldik verpönt. Nur wenn es für die Erkennbarkeit eines Objekts unerlässlich ist, darf mit einem geringen Relief gearbeitet werden. Bildquelle: Wikipedia.
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Bild 7 von 10. Savosa (TI). Das Rotkehlchen auf dem Wappen von Savosa blickt nach rechts und damit in die falsche Richtung. In der Heraldik müssen alle Tiere oder Menschen nach links ausgerichtet sein, denn das bedeutet nach vorne schauend. Bildquelle: Wikipedia.
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Bild 8 von 10. Innertthal (SZ). Der heraldische Fehler bei diesem Wappen ist die Darstellung der Berge. Berge sollten immer stilisiert, also nicht natürlich dargestellt werden. Erlaubt wären eigentlich nur die Umrisse oder sogar die vereinfachte Version (zum Beispiel zwei Dreiecke/Spitzen). Bildquelle: innerthal.ch.
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Bild 9 von 10. Oberweningen (ZH). Wappen, die dunkelhäutige Menschen abbilden, gibt es in der Schweiz einige. In der heutigen Zeit sind sie teils umstritten. Wieso auf dem Oberweniger Wappen ein dunkelhäutiger Mann abgebildet ist, ist nicht ganz klar. Generell stehen die «Mohren» in der Heraldik für weit gereiste und weltoffene Menschen. Bildquelle: Wikipedia.
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Bild 10 von 10. Mandach (AG). In Mandach hingegen gibt es eine klare Herleitung für das Motiv. Das Wappen geht auf einen Helmschild der Herren von Mandach aus dem 13. Jahrhundert zurück. Der volkstümlichen Deutung nach stellt dieser den heiligen Mauritius dar, welcher der Schutzpatron der Kirche von Mandach ist. Bildquelle: Wikipedia.
Ebenfalls ein Farbfehler gibt es beim Wappen von Münchwilen (AG). Der abgebildete Mönch trägt eine braune Kutte. Braun auf einem Wappen, das sei für Heraldiker nur schwer anzusehen, sagt Hefti. Der Kanton habe die Gemeinde auf den Fauxpas angesprochen. Münchwilen beharrte aber auf der braunen Farbe der Mönchskutte.
Rechtlich durchsetzbar sind die heraldischen Regeln übrigens nicht. Verbindlich ist nur die sogenannte Blasonierung, die Beschreibung des Wappens. Beim Aargauer Wappen lautet die Blasonierung zum Beispiel: Gespalten rechts in Schwarz ein silberner Wellenkamm, links in Blau drei fünfstrahlige silberne (weisse) Sterne. Bei der eigentlichen Grafik darf der Gestalter oder die Gestalterin jedoch frei walten, solange die Blasonierung eingehalten wird.
Welches Wappen die Fusionsgemeinde Wölflinswil/Oberhof haben wird, ist noch nicht entschieden. Zur Auswahl stehen fünf Sujets. Auch der Name ist noch nicht klar. Möglich wäre Benkental, Wolfhof, Oberhof-Wölflinswil sowie Wölflinswil-Oberhof.