Es war ein grotesker Moment: Während die Luzerner Fasnächtlerinnen und Fasnächtler am Donnerstagmorgen auf den Urknall warteten, blinkten auf ihren Handys die Push-Meldungen auf. Russland hatte seine Invasion in die Ukraine gestartet.
Wenn man die Leute auf der Strasse auf das Thema anspricht, gleichen sich die Aussagen. Eine Fasnächtlerin meint, es «schaudere» sie schon, wenn sie an diesen Krieg denke. Doch: «Auf der Welt passiert viel und wir wissen, wie privilegiert wir sind in der Schweiz. Das bleibt so.» Die Fasnacht stehe jetzt im Vordergrund.
Fasnacht ist nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen – sie tut den Menschen in der Seele gut.
Eine andere Frau, die sich bei der Kapellbrücke eine Strick-Stube eingerichtet hat, sagt, sie blende die Situation in der Ukraine bewusst aus. «Es geht keinem Menschen besser, wenn ich nicht hier bin.» Sie bleibe bis am Aschermittwoch an der Fasnacht.
«Fasnacht bringt Ablenkung»
Beim offiziellen Luzerner Fasnachtskomitee sieht man dies ähnlich. Mediensprecher Peti Federer sagt, nach zwei Jahren Pandemie sei nun der Moment gekommen, um Fasnacht zu feiern. «Das schliesst das Mitgefühl mit den Ukrainerinnen und Ukrainern nicht aus.» Ihr Schicksal wolle er auf keinen Fall herabmindern.
Die Fasnacht abzusagen, wie dies in Köln geschehen ist, sei kein Thema. Das Festkomitee des Kölner Karnevals hat das Rosenmontagsfest wegen des Krieges abgesagt. «In Luzern läuft die Fasnacht bereits», so Federer vom Komitee, «es gibt kein politisches Bestreben vonseiten der Behörden, diese nicht durchzuführen.»
Zudem habe dieses Fest gerade in schwierigen Zeiten eine spezielle Aufgabe zu erfüllen. «Es ist da, um Ablenkung in den Alltag zu bringen.» Federer erinnert an den Zweiten Weltkrieg, als die Fasnacht zwar abgesagt wurde, die Zünftler jedoch trotzdem mit ihrem Wagen durch die Strassen zogen und Orangen, Feigen und Nüsse verteilten. «Sie wollten den Leuten Mut geben. Fasnacht ist nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen – sie tut den Menschen in der Seele gut.»
«Politik weglassen»
Tarnanzüge und Vierfruchtmuster sind wie sonst auch dieses Jahr eine beliebte Verkleidung. Mit den aktuellen geopolitischen Entwicklungen im Hinterkopf löst dies bei einigen Feiernden Kopfschütteln aus. Eine als Superheldin verkleidete Frau bezeichnet es etwa als «respektlos». «In Militäruniform an die Fasnacht zu gehen, während 2000 Kilometer entfernt Krieg herrscht. Das geht nicht.»
Aus ähnlichen Gründen zog auch eine Gruppe, die montags am Umzug teilnahm, skeptische Blicke auf sich. Sie verkleideten sich als amerikanische GIs aus dem Zweiten Weltkrieg, mit aufwendigen Kostümen und einem Wagen im Stil einer Kommandozentrale. Ein unglücklicher Zufall, wie auch Peti Federer vom Fasnachtskomitee sagt. «Ich kenne diese Gruppe. Sie hat dieses Thema vor zwei Jahren ausgewählt.» Er poche zudem darauf, bei der Fasnacht die Politik wegzulassen. «Sonst vermischen wir Dinge, die nichts miteinander zu tun haben.»