Schulkinder «spielen Krieg» auf dem Pausenhof und diskutieren mit Mitschülerinnen und Mitschüler über den russischen Präsidenten Wladimir Putin: Der Krieg in der Ukraine macht ihnen zu schaffen. Wie geht die Schule mit solchen heiklen Themen um? Primarschullehrer Denis Krasnici ordnet fünf Themenbereiche ein.
Darum wird der Krieg an der Schule thematisiert: Ich unterrichte in Hünenberg Dorf – einer kleinen Gemeinde im Kanton Zug. Während des Werkunterrichts letzte Woche habe ich wahrgenommen, dass einige Schüler und Schülerinnen begannen, über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Schnell merkte ich: Die Kinder «plapperten» wirres Zeug über den Krieg. Deshalb war es mir ein Anliegen, das Thema in der Klasse aufzugreifen und die Schülerinnen und Schüler zu informieren: Ich finde es grundsätzlich toll, wenn Kinder bei aktuellen Themen mitreden können. Am «schmutzigen Donnerstag» – am Tag der russischen Invasion – habe ich mir also vorgenommen, anstatt Fasnachtsspiele den Anlass bei «SRF Kinder-News» zu nutzen und mit den Schülern die Ukraine-Sendung zu schauen. Anschliessend haben wir das dazugehörige Quiz gelöst. Meine Schulklasse war sehr interessiert und die Lektion half, das Thema ein wenig einzuordnen.
Informationen für Kinder zum Krieg
Schulkinder werden auf Social Media mit Kriegsbildern konfrontiert: Allerlei Kommunikation läuft bei meinen Fünft- und Sechstklässern über Social Media. Sie konsumieren häufig TikTok, Instagram und Snapchat. Ich nehme wahr, dass viele Kriegsbilder und Kriegsvideos auf diesen Plattformen kursieren, mit denen die Kinder in Kontakt geraten. Der Krieg in der Ukraine ist dort das Thema und fast schon ein neuer «Hype»: Erst war die Netflix-Staffel «Squid Games» ein Riesending, jetzt der Krieg in der Ukraine. Die Gespräche darüber bleiben aber sehr oberflächlich, weshalb die Aufklärung wichtig ist. Gerade auch, weil Kinder oft von Social Media überfordert werden.
Der Krieg ist den Schulkindern präsent – einordnen fällt schwer: Der Krieg in der Ukraine ist meinen Schülerinnen und Schüler sehr präsent, – vor allem wie oben erwähnt aufgrund von Social Media. Wenn ich sie frage, was ihnen durch den Kopf geht, antworten sie, dass sie etwas Angst haben, ihnen aber vor allem die Menschen im Krieg leidtun. Es ist extrem schwierig für sie, die Situation einzuordnen – der geschichtliche Aspekt ist sehr komplex.
Zudem haben sie eben gerade die Corona-Pandemie erlebt, was schon eine Ausnahmesituation darstellte. Daher sind sie vielleicht auch etwas «weniger überrascht». Der Krieg ist für sie eine neue kurze Momentaufnahme: Sie nehmen wahr, dass es einen Krieg mit Bomben gibt und dass es vielleicht Flüchtlinge gibt. Für mich aber als Ziel zu setzen, dass meine Schülerinnen und Schüler den Krieg verstehen und wissen, warum es ihn gibt, wäre eindeutig zu viel verlangt.
Schulen und ihre aufklärerische Rolle: Nicht alle Lehrpersonen sprechen über den aktuellen Krieg. Das Thema ist heikel und muss sehr sauber vorbereitet werden, die Aktualität verändert sich rasant. Man sollte daher nicht den Anspruch haben, dass alle Lehrpersonen das Thema aufgreifen. Aber ich persönlich finde es sehr wichtig, dass wir Lehrpersonen Aktualitäten mit den Schülerinnen und Schüler einordnen. So werden Kinder sensibilisiert und es entsteht nicht nur ein «Nachplappern» von Meinungen, welche die Kinder aufschnappen.
In einem breiten und reduzierten Ansatz über Krieg im Allgemeinen zu reden, hilft und die Schulkinder zu sensibilisieren.
Man kann von den Schülerinnen und Schüler nicht verlangen, dass sie sich eine Meinung zum Ukraine-Krieg bilden: Man könnte daher den Umfang auch reduzieren und über Krieg und Konflikte im Allgemeinen diskutieren. Alles zum Thema Konfliktlösungen ist an Schulen nämlich besonders wichtig – Konflikte zu erkennen und diese vorzubeugen. So behalten wir auch den Bezug zum Alltag.
Sind Konflikte in der Klasse vorprogrammiert? Nachdem ich das heikle Thema angesprochen habe, entstanden unter den Schülern keine Konflikte. Jedoch gibt es in meiner Klasse auch keine betroffenen Schulkinder mit ukrainischen oder russischen Wurzeln. Städtischere Schulen haben vielleicht eher Sorgen, dass aufgrund von Gruppendynamiken Konflikte entstehen: Dabei besteht leider die Gefahr, dass Schülerinnen und Schüler mit russischem Hintergrund womöglich gemobbt werden könnten, da Kinder beginnen, Partei zu ergreifen.