- Die Schweiz soll Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen, fordern mehrere Organisationen in einem offenen Brief an den Bundesrat, aber auch namhafte Politiker und die Teilnehmer der Friedensdemo am Samstag.
- Die Forderung stösst bei Justizministerin Karin Keller-Sutter auf offene Ohren.
- Gemäss aktueller Schätzung des Bundes könnten ein paar hundert oder ein- bis zweitausend Menschen in der Schweiz Zuflucht suchen.
Dabei käme es auf die Dauer und Intensität des Kriegs an, so das Staatssekretariat für Migration (SEM). Mit ihrer Schätzung von zweitausend flüchtenden Menschen liegt das SEM weit unter der Aufnahme-Forderung der Organisationen: Der offene Brief von linken Jungparteien, den Grünen und Organisationen, wie Solidarité sans frontières und Campax, nennt eine konkrete Zahl: Die Schweiz soll 10'000 Schutzsuchende aus der ukrainischen Krisenregion aufnehmen.
Befürworter aus der Politik
Der Zürcher SP Ständerat Daniel Jositsch nennt zwar keine konkrete Zahl, er fordert die Justizministerin aber ebenfalls auf, Flüchtenden aus der Ukraine Schutz zu gewähren.
Die Forderung stösst bei Justizministerin Karin Keller Sutter auf offene Ohren. Wenige Stunden nach Jositschs Aufruf erklärte die FDP-Bundesrätin an einer anderen Medienkonferenz: «Wir werden eng mit den Schengenstaaten schauen, wie wir helfen können. Es braucht eine gesamteuropäische Solidarität.»
Die Schweiz werde sich an dieser gesamteuropäischen Solidarität beteiligen, sagte Keller-Sutter weiter. «Die Schweiz ist auf Ukrainerinnen und Ukrainer vorbereitet, die hier Schutz suchen.»
SEM erwartet Fluchtströme erst in Nachbarländer
Kurz- und mittelfristig dürften sich Flüchtlinge aus der Ukraine vor allem in die EU-Staaten Polen, Slowakei, Ungarn und Rumänien begeben, zu denen direkte Landesgrenzen bestehen, sagt das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Samstag.
Danach dürften vor allem jene Staaten betroffen sein, in denen bereits heute viele Ukrainerinnen und Ukrainer leben. In der Schweiz ist die ukrainische Diaspora gemäss SEM im europäischen Vergleich mit rund 7000 Personen vergleichsweise klein. Aufgrund der unklaren und sich rasch verändernden Lage in der Ukraine könne keine abschliessenden Beurteilungen vorgenommen werden, die Situation werde laufend analysiert.
Schweiz ist vorbereitet
Die Schweiz sei gewillt, sich solidarisch zu zeigen, heisst es auch beim SEM weiter. Das Asyl-System der Schweiz sei grundsätzlich auf Schwankungen ausgerichtet. Für den Fall grösserer Migrationsbewegungen sei eine Notfallplanung vorhanden.
Bereits am Donnerstag hatte das SEM angesichts der Ereignisse entschieden, die derzeit hängigen Asylgesuche von ukrainischen Staatsangehörigen zu sistieren und vorerst keinen Entscheid zu fällen. Ob die Asyl- und Wegweisungspraxis angepasst wird, kann gemäss SEM noch nicht gesagt werden. Ende 2021 waren in der Schweiz 116 Gesuche von Ukrainerinnen und Ukrainer hängig.