Ein ehemaliger General des syrischen Geheimdiensts hält sich in der Schweiz auf. Das berichtete am Mittwoch die «Rundschau». Die Schweizer Behörden haben das Asylgesuch des Generals abgewiesen, er ist aber vorläufig aufgenommen. Mittlerweile hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) den Fall an die Bundesanwaltschaft gemeldet. Diese hat aber noch kein Verfahren eingeleitet.
Noch nie eine Anklage erhoben
Es ist nicht der einzige Fall, welcher der Bundesanwaltschaft im Bereich des Völkerstrafrechts gemeldet worden ist. Gegenwärtig sind bei der Bundesanwaltschaft 19 Verfahren hängig, wie die Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft kürzlich festgehalten hat. Doch bislang hat die Behörde bei einem Verbrechen gegen das Völkerstrafrecht noch kein Verfahren zur Anklage gebracht hat.
Verfahren gegen mutmassliche syrische Kriegsverbrecher führen im Ausland zu Verurteilungen. Nichts davon in der Schweiz.
Philip Grant, Direktor der Nichtregierungsorganisation «Trial International» mit Sitz in Genf, kritisiert gegenüber der «Tagesschau», die Schweiz sei zu passiv, wenn es um die Verfolgung von mutmasslichen Kriegsverbrechern gehe: «Zahlreiche ausländische Behörden führen ganze Reihen von Verfahren gegen mutmassliche syrische Kriegsverbrecher, wo es regelmässig zu Verhaftungen und Verurteilungen kommt. Nichts davon in der Schweiz.»
Beispielsweise im Fall von Rifaat al-Assad, des Onkels des heutigen syrischen Machthabers. Er soll in den 1980er Jahren für zwei Massaker verantwortlich gewesen sein. Seit 2013 führt die Bundesanwaltschaft ein Verfahren gegen Al-Assad. Es fehle am Willen, die Verfahren voranzutreiben, so Philip Grant.
Zuwenig Priorität eingeräumt
Auch Nationalrätin Christa Markwalder (FDP/BE) kritisiert in diesem Zusammenhang die Bundesanwaltschaft. Die Aussenpolitikerin bedauert, dass die Behörde diesen Straftaten zu wenig Priorität einräume. Das sei unhaltbar. «Ich muss daran erinnern, dass die Schweizer Aussenpolitik als Priorität hat, gegen Straflosigkeit im Völkerstrafrecht anzugehen und Kriegsverbrechen zu verfolgen», erklärt Markwalder.
Die Bundesanwaltschaft wollte sich zu hängigen Verfahren nicht äussern. Sie verweist auf die Antwort ihrer Aufsichtsbehörde auf eine Interpellation von Christa Markwalder. Dort heisst es: «Die Möglichkeiten der Strafverfolgung sind begrenzt und eng von der Kooperationsbereitschaft der involvierten Staaten abhängig. Die Tatorte befinden sich immer im Ausland.» Weiter erweise sich die Frage nach der Vereinbarkeit von privat erhobenen oder im Ausland gemachten Aussagen mit dem schweizerischen Prozessrecht als besonders erschwerend.