Angela Müller ist überall – auf Medienportalen, an Veranstaltungen, in der Talksendung «Club». Und sie tritt stets in derselben Rolle auf: Als Warnerin vor möglichen Folgen der Künstlichen Intelligenz: «Sie kann uns überwachen, uns diskriminieren und unsere Grundrechte einschränken. Wir müssen die Techfirmen genau beobachten», fordert sie.
Seit im November 2022 das Sprachmodell ChatGPT im Netz aufgeschaltet wurde und die breite Bevölkerung aktiv die Künstliche Intelligenz nutzen kann, steigt das Bewusstsein, wozu diese fähig ist – und damit auch das Unbehagen. So ist Angela Müller eine gefragte Expertin.
Aber trotz ihrer Medienpräsenz ist nur wenig über sie bekannt: Dass sie AlgorithmWatch Schweiz leitet, eine noch junge, erst vor drei Jahren gegründete Non-Profit-Organisation, welche die Auswirkungen von Algorithmen auf Menschen und Gesellschaft beobachtet. Dass sie politische Philosophie und Ethik studiert und an der Universität Zürich in Rechtswissenschaft promoviert hat. Und dass sie 37 Jahre alt ist.
Überwacht, ohne dass wir es merken
Das ist nicht viel. Aber stellt man Angela Müller eine persönlichere Frage, lenkt sie das Gespräch rasch zum eigentlichen Thema zurück. Nur so viel sagt sie zu ihrer Motivation: «Ich kämpfe dafür, dass Gerechtigkeit nicht nur eine Vision bleibt.» Sie sehe und höre tagtäglich, wie Menschenrechte verletzt und wie Menschen aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert würden.
Auch ihre Dissertation hat sie zu den Themen Menschenrechte, Globalisierung und neue Technologien geschrieben. «Das ist die Brille, durch die ich auf das Thema schaue.»
Die Künstliche Intelligenz durchdringt den Alltag mehr und mehr – oft ohne, dass wir es merken. Wir erhalten im Internet personalisierte Werbung, unser Bewerbungsdossier wird unter Umständen von Künstlicher Intelligenz aussortiert. Und die SBB planten ursprünglich, die Kundenströme an Bahnhöfen anhand einer Software zu analysieren, die Menschen nach Geschlecht oder Alter einordnen kann.
So sind Organisationen wie AlgorithmWatch gefordert, denen es wichtig ist, dass keine rote Linie überschritten wird. Die Gesichtserkennung im öffentlichen Raum etwa gehört nach Ansicht Müllers dazu: «Es könnte uns davon abschrecken, uns im öffentlichen Raum frei zu bewegen und zum Beispiel an Demonstrationen teilzunehmen.»
Ich möchte davon abraten, auf Regulierungen zu verzichten, nur weil wir glauben, dass wir sie nicht durchsetzen können.
Für sie ist deshalb klar: Es braucht als ersten Schritt Transparenz. Die Menschen müssen wissen, wie versucht wird, sie zu beeinflussen oder zu überwachen. Es braucht aber auch Gesetze, die regeln, was zulässig ist und was nicht.
Und der Staat muss kontrollieren, ob sie eingehalten werden. «Ich bin nicht technologiefeindlich und auch keine Maschinenstürmerin», sagt sie im Gespräch wiederholt. «Aber wir müssen die künstliche Intelligenz so einsetzen, dass sie uns Menschen nützt und nicht schadet.»
Angela Müller hört oft, dass man internationalen Techkonzernen ohnehin nichts vorschreiben kann. In solchen Momenten wird sie wieder zur Warnerin – auch im «Club». Und sagt: «Ich möchte sehr davon abraten, auf Regulierungen zu verzichten, nur weil wir glauben, dass wir sie nicht durchsetzen können.»