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Künstliche Intelligenz Wie KI im Rechtswesen eingesetzt wird

Gerichtsverhandlungen protokollieren, Akten sichten oder Bilder und Videos auf Kinderpornografie hin absuchen: Hier kann künstliche Intelligenz die Schweizer Justiz entlasten.

Das Bundesstrafgericht setzt auf KI-Protokollführer: Das Bundesstrafgericht in Bellinzona nutzt im Rahmen eines Pilotprojekts eine Software, um Gerichtsverhandlungen automatisch zu protokollieren und Urteile zu anonymisieren. Das Gericht hofft auch, zukünftig bei sogenannten Entsiegelungen entlastet zu werden: Eine KI kann schneller PDFs auf Laptops und Mobiltelefonen durchsuchen als ein Mensch.

Noch fehlen Gesetze

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In der Schweiz gibt es derzeit keine nationalen Gesetze zum Einsatz von KI – weder in der Justiz noch anderswo. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement deshalb beauftragt, bis Ende 2026 eine Vernehmlassungsvorlage für neue Regeln für die Nutzung von KI zu erarbeiten. Auf internationaler Ebene gibt es die KI-Konvention des Europarats und das KI-Gesetz der EU, das aber für die Schweiz nicht direkt anwendbar ist.

Anwaltskanzleien nutzen bereits KI, um Akten zu sichten: Mit entsprechender Software können sie sehr umfangreiche Dokumente durchsuchen und die «Nadel im Heuhaufen» finden. Verträge lassen sich ebenfalls mit KI überprüfen.

Roboter in Kinderformat
Legende: Dieser Roboter hat die Intelligenz eines fünfjährigen Kindes und wird in einem chinesischen Kindergarten eingesetzt, um sich mit den Kindern zu unterhalten, zu spielen und zu singen. In der Schweiz werden mit KI Kinder simuliert, damit Polizistinnen und Polizisten die Befragung sexuell missbrauchter Kinder üben können. EPA/ROMAN PILIPEY

Polizei übt mit künstlichem Kind heikle Befragungen: Forschende der Hochschule Luzern und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW haben einen Avatar entwickelt, mit dem Polizistinnen und Staatsanwälte die Befragung von Kindern üben können. Heikle Befragungen gibt es immer wieder, zum Beispiel bei Obhutsstreitigkeiten oder in Fällen von sexuellem Missbrauch. Die KI simuliert ein Kind und gibt entsprechende Antworten und Reaktionen. So merken die Beamten beispielsweise, wenn sie Suggestivfragen stellen. Und sie dürfen beim Üben Fehler machen, ohne dass ein echtes Kind darunter leidet.

Das Bundesgericht ist bei KI ein Vorreiter: Zusammen mit den ETHs und anderen Akteuren entwickelt das höchste Gericht eine vertrauenswürdige künstliche Intelligenz, die den eigenen ethischen Werten entspricht. Somit soll auch sichergestellt werden, dass die Schweizer Justiz nicht von ausländischen Anbietern abhängig ist. Zudem hat das Bundesgericht seinen eigenen Chatbot: Damit Eingaben von Mitarbeitenden innerhalb der Mauern des Gerichts bleiben – Stichwort Datensicherheit und Datenschutz – hat es eine Art eigenes ChatGPT. Es basiert auf Daten des Bundesgerichts und wird auf eigenen Servern gelagert.

Aktenberg
Legende: Die Gerichte hoffen, mit KI das Sichten von Akten beschleunigen zu können. KEYSTONE/DPA/Bernd Weissbrod

Diese Hoffnungen setzt die Justiz in KI: Sowohl Gerichte als auch Anwaltskanzleien erhoffen sich vom Einsatz der KI, die Arbeitslast zu reduzieren und schneller arbeiten zu können. Aber auch psychische Belastungen können gemindert werden: Dank KI müssen zukünftig keine Praktikantinnen und Praktikanten mehr Tausende von Fotos und Videos auf Kinderpornografie durchsuchen. Eine Software macht das automatisch, sodass die Behörden bereits eine Vorauswahl haben und auf dieser Basis weiterermitteln können.

SRF 4 News, 9.4.2025, 16:24 Uhr;brus

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