Wegen der Coronakrise verkaufen überdurchschnittlich viele Privatpersonen ihren Goldschmuck, um an Bargeld zu kommen. Besteht ein erhöhtes Risiko für Geldwäscherei? Ja, sagt Experte Mark Pieth. Er hofft auf schärfere Regeln.
SRF News: Wer Gold für unter 15’000 Franken kauft oder verkauft, muss sich in der Schweiz nicht ausweisen. Inwiefern ist das problematisch?
Mark Pieth: Heute sind 100'000 Franken der Schwellenwert für Barzahlungen im Zusammenhang mit Edelmetallen. Der Wert soll nun auf 15'000 runtergesetzt werden. Doch das ist international immer noch zu hoch.
Bei uns ist man erst dem Geldwäschegesetz unterstellt, wenn man Feingold in die Hände nimmt.
Etliche Länder haben 5000 oder 3000 Franken als Schwellenwert. Das heisst: Wenn ich drei Kilo Gold verkaufen will, muss ich in der Schweiz in zehn verschiedene Läden, im Ausland in 30 oder mehr. Und das könnte auffallen.
Wer mit Gold Geld waschen will, kommt also in die Schweiz?
Es könnte so sein. Denn einmal mehr sind wir in der Schweiz, weil wir doch etwas zögerlich sind, attraktiv für Leute, die Geld waschen wollen.
Wie gehen Kriminelle dabei konkret vor?
Da müssen wir zwei Fälle unterscheiden. Beim grossen Fall denke ich an das organisierte Verbrechen in Kolumbien. Jemand, der mit Drogengeld reich geworden ist, kauft zum Beispiel Gold in Surinam und lässt das dann bei uns einschmelzen. Der kleine Fall: Goldbarren oder Schmuck aus Familienbesitz wird verhökert. Goldbarren in kleinen Stückelungen von 100 Gramm oder einem Kilo – immerhin 50'000 Franken Wert –, werden verkauft.
Wie kann damit Geld gewaschen werden?
Kleinvieh macht auch Mist. Man kann durch kleine Stückelungen
sozusagen unter dem Radar segeln. Ich kann immer bis 15'000 Franken gehen und dann einfach entsprechend viele Läden abklappern.
Im Sommer hat die Eidg. Finanzkontrolle die Zollverwaltung wegen zu lasche Kontrollen beim Goldimport kritisiert. Diese sollen jetzt verbessert werden. Reichen diese Kontrollen aus Ihrer Sicht?
Diese Kritik ist berechtigt. Die Zollverwaltung weiss nicht, woher das Gold stammt, das importiert wird. Sie weiss nur, wo der Absender ist, etwa in Dubai oder London. Orte, die nicht für Goldminen bekannt sind. Neu möchte man auf die wirkliche Herkunft zurückgreifen können. Es besteht Handlungsbedarf. Man müsste neue gesetzliche Grundlage schaffen.
Mit der Revision des Geldwäschereigesetzes befasst sich der Nationalrat in der laufenden Session. Der Bundesrat schreibt in seiner Botschaft von «expliziten Risiken, die durch strengere Regeln entschärft werden sollen». Liefert die Revision die richtigen Instrumente?
Prinzipiell ist es gut, dass man überhaupt etwas machen will. Es fehlt mir allerdings die konsequente Unterstellung von sogenanntem Rohgold ab der Mine. Das sind Importe von Blöcken, die 70 bis 90 Prozent Goldenthalten. Der Rest ist Silber oder Platin. Das muss noch eingeschmolzen werden.
Wenn die Vorlage nun torpediert wird von der Anwaltschaft, kann es sein, dass damit auch die Goldregelung hinfällig wird.
Bei uns ist man erst dem Geldwäschegesetz unterstellt, wenn man Feingold in die Hände nimmt. Neuerdings soll allerdings auch das Recycling-Segment darunter fallen, also beispielsweise der Schmuck der Grossmutter.
Das Gesetz müsste also verschärft werden?
Ja, und ich denke, man hat einen Fehler gemacht, als man das Thema Gold in die gleiche Vorlage getan hat wie die Regelung für Berater. Solche Berater sind zum Beispiel Anwälte, die nicht nur klassische Anwaltstätigkeit verrichten, sondern sogenannte Strukturen wie zum Beispiel Panama-Gesellschaften einrichten. Wenn die Vorlage nun torpediert wird von der Anwaltschaft, kann es sein, dass damit auch die Goldregelung hinfällig wird.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.