Bei den Nationalratswahlen 2015 erreichten SVP und FDP zusammen eine rechtsbürgerliche Mehrheit im Nationalrat: Die Fraktionen von SVP und FDP bilden zusammen eine absolute Mehrheit mit 101 Sitzen.
Zwar setzen sich die beiden Fraktionen gemeinsam deutlich häufiger durch als früher. Von einer politischen Dominanz oder einem «Rechtsrutsch» kann aber nach der Hälfte der Legislaturperiode keine Rede sein.
Nur jede 11. Abstimmung gewonnen
Diese rechtsbürgerliche Allianz – SVP und FDP – gegen alle andern Fraktionen hat in der laufenden Legislaturperiode nur bei 8,8 Prozent der Abstimmungen funktioniert, also bei jeder elften Abstimmung. Das zeigt eine Auswertung der Nachrichtenagentur sda. Der Anteil der gewonnenen Abstimmungen der SVP-FDP-Allianz hat sich damit gegenüber der Legislatur von 2011 bis 2015 mehr als verdoppelt: Von 3,6 Prozent auf 8,8 Prozent.
SVP macht oft auf Opposition
Ist das jetzt ein «Rechtsrutsch»? Warum kann das Präsidenten-Duo Petra Gössi (FDP) und Albert Rösti (SVP) ihre Mehrheit im Nationalrat politisch nicht besser nutzen?
Weil die SVP noch immer auf Opposition mache, meint Politikwissenschaftler Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern: «In den letzten zwei Jahren hat man oft noch den Eindruck gehabt: Hier ist eine Partei mit zwei Bundesräten vertreten, sehr stark im Nationalrat und trotzdem macht sie noch immer Opposition».
MItte-rechts dominiert links-grün
Bei allen bisherigen 2240 Abstimmungen im Nationalrat hat sich als häufigste Konstellation eine Allianz Mitte-rechts (SVP, FDP, CVP) gegen links-grün (SP, Grüne) durchgesetzt. Fast ein Drittel (30,8 Prozent) der Abstimmungen gingen in den vergangenen zwei Jahren so aus. Das ist praktisch genau gleich viel wie in den vier Jahren davor.
SVP oft isoliert bei Abstimmungen
Am zweithäufigsten kommt es vor, dass die SVP-Fraktion isoliert gegen alle anderen stimmt – und verliert. Der Anteil solcher Abstimmungsausgänge wuchs von 24,7 auf 28,2 Prozent.
Lukas Golder erklärt, dass sich SVP-FDP-CVP oft in den einfachen Grundfragen noch einig seien. Typisch dafür sei die Finanzpolitik. «Sobald es aber zu einer Abstimmung über relevantere Themen kommt, dann will die SVP lieber auch die oppositionelle Rolle spielen und versucht, ausserhalb der SVP Kompromisse zu finden», sagt Golder.
Wird die «bürgerliche Achse» SVP/FDP auch in der zweiten Legislaturhälfte so schwach bleiben? Nicht unbedingt, meint Golder: «Die Erfahrung zeigt, dass das aktuelle Parlament jeweils im dritten Amtsjahr inhaltlich einen Stempel aufdrückt.» Er erwarte von der rechten Mehrheit im Nationalrat noch mehr konstruktive Kraft, etwa bei der Rentenreform oder einer neuen Steuervorlage.
«Bürgerliche Wende hat nicht stattgefunden»
Auch die SVP selbst kritisierte in ihrer Legislatur-Halbzeitbilanz Mitte Oktober, dass die «bürgerliche Wende» trotz des Wahlerfolgs 2015 «so leider nicht stattgefunden» habe. Die Partei stellte eigene Berechnungen an, wonach sich nur gerade in 23 von 915 Vorstoss- und Schlussabstimmungen die Allianz SVP/FDP gegen Mitte-links durchsetzen konnte. Die erfolgreichen Abstimmungen seien teilweise auf Zufallsmehrheiten zurückzuführen, etwa wegen Abweichlern in anderen Fraktionen oder Stimmenthaltungen, schreibt die SVP.
Auch wenn sich FDP und SVP im dritten Jahr der Legislatur vermehrt durchsetzen sollten, wirkt immer noch der Ständerat als Korrektiv. In der zweiten Kammer haben SVP (6 Sitze) und FDP (13 Sitze) keine Mehrheit.
Will sich die FDP im Ständerat durchsetzen, muss sie sich Mehrheiten suchen: In der Mitte bei der CVP oder links bei der SP. Auch zwei Jahre nach dem «Rechtsrutsch» bei den Wahlen 2015 können SVP und FDP im Parlament also nicht einfach «durchmarschieren», sagt SRF-Bundeshausredaktor Christof Nufer. «Aber der Ton wurde härter und der Raum für Kompromisse kleiner.»