«Lockdown», Maskenpflicht und Contact Tracing: Die Pandemie scheint weit her. Doch ein Jahr nach dem offiziellen Ende des Corona-Notstands bleiben immer noch Fragen offen. Hat die Politik aus ihren Fehlern gelernt? Wie wappnet sich die Schweiz für einen nächsten Notstand? Drei Baustellen im Überblick.
Zusammenarbeit von Bund und Kantonen
Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen während der Pandemie verlief nicht immer einwandfrei. Es mangelte an der gemeinsamen Durchsetzung von Verordnungen wie beim Terrassenstreit: Obwohl der Bund das Öffnen jeglicher Restaurants untersagte, ignorierten einige Kantone dies und öffneten Restaurantterrassen.
Rudolf Hauri zieht eine gemischte Bilanz bezüglich der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen. Der damalige Präsident der Kantonsärzte sagt, es sei entscheidend, dass es keine widersprüchlichen Ausführungen gebe. Er fordert klare Kommunikation und einheitliche Regelungen zwischen Bund und Kantonen, ansonsten würde die Bevölkerung verwirrt.
Um die Zusammenarbeit bei künftigen Notständen zu verbessern, müssten Bund und Kantone auch in krisenfreien Zeiten engen Kontakt pflegen. «Man muss Übungen machen, Strukturen müssen zusammenspielen, man muss sich kennen», sagt Hauri. Solche gemeinsamen Trainings für den Ernstfall sollen Bund und Kanton immer wieder wiederholen. Vor allem auch dann, wenn eine Pandemie weit weg sei. Gemeinsame Übungen werden auch im neuen Pandemieplan festgehalten.
Revidierter Pandemieplan
Auch BAG-Direktorin Anne Lévy gibt zu, dass Fehler gemacht wurden. Es gab Mängel im Krisenmanagement, beispielsweise fehlten Schutzmaterialien wie Masken. «Selbstverständlich sind Fehler passiert. Aus diesen lernt man.»
Aus den Learnings entsteht jetzt ein neues Epidemiengesetz. Aktuell arbeitet das BAG daran, das Gesetz zu überarbeiten und den Pandemieplan auf alle Erreger auszuweiten. Dadurch soll ein erneuter Shutdown, also ein Stillstand des öffentlichen Lebens, verhindert werden.
Zusammenarbeit zwischen Politik und Wissenschaft
Auch gab es Uneinigkeiten zwischen Politik und Wissenschaft. Marcel Salathé, Epidemiologe und scharfer Kritiker der damaligen Corona-Politik, findet, die Politik hat zu langsam auf wissenschaftliche Erkenntnisse reagiert.
Er sieht die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der zwei Felder weiterhin als grosse Herausforderung. «Wir sind in der Wissenschaft ein extrem hohes Tempo gewohnt. Auf Behördenseite ist man sich wahrscheinlich ein bisschen ein langsameres Tempo gewohnt.» Die Herausforderung sei, zusammen einen Weg zu finden.
Der Epidemiologe wünscht sich insbesondere bei der Digitalisierung ein schnelleres Vorgehen, um während einer nächsten Pandemie Informationen rascher austauschen zu können.
Alle Lehren der Wissenschaft, der Kantone und des BAG sollen in ein neues Epidemiengesetz einfliessen. Auf diese Weise will sich die Politik auf eine mögliche nächste Pandemie vorbereiten.