Ohne sie geht in Schweizer Schulen nichts. Landauf, landab springen Lehrpersonen ohne Diplom in die Bresche. Im Kanton Bern etwa unterrichten rund 1500 Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger. Im Kanton Zürich starteten diesen Sommer 530 Lehrpersonen ohne Diplom ins Schuljahr.
Neu sollen solche Quereinsteiger einfacher ein Studium an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PHZH) machen können. Zugelassen sind auch Personen ohne Matura oder Hochschulabschluss, wie der Kanton am Donnerstag mitteilte. Wer studiert, kann über das laufende Schuljahr hinaus als Lehrperson arbeiten.
Wie wichtig eine pädagogische Ausbildung ist, zeigt das Beispiel des 24-jährigen Merlin Kropf aus Bern. Nach seinem Bachelor-Studium in Geschichte und einem Auslandsaufenthalt ist er über eine Stellvertretung spontan in den Lehrerberuf eingestiegen.
Dies gleich als Klassenlehrer an der Schule in Homberg, einer ländlichen Gemeinde oberhalb von Thun. Der Anfang sei sehr anstrengend gewesen: «Ich überschätzte mich damals und dachte, dass das Unterrichten nicht so schwierig sein könne», sagt Kropf.
Doch Kropf täuschte sich. Und kam ins Schwitzen, überfordert habe er sich aber nicht gefühlt. Schule zu geben, sei viel mehr als vor den Schülerinnen und Schülern zu stehen und Informationen zu vermitteln, sagt der Mann aus der Region Thun. «Elterngespräche, Ausflüge und Lager zu organisieren, kommt dazu. Zudem muss man gut mit kurzfristigen Änderungen umgehen können.»
Was die Ausbildung bringt
Trotz den vielen Herausforderungen war für Kropf rasch klar: Er will weiter als Lehrer arbeiten – obschon er damals kein pädagogisches Fachwissen hatte. «Aber längerfristig Schule zu geben, macht nur Sinn, wenn man über eine entsprechende Ausbildung verfügt», sagt er.
Gesagt, getan: Heute arbeitet Kropf in einem Teilzeit-Pensum an der Schule Homberg. Dies in einer Klasse, die Schülerinnen und Schüler aus der dritten bis sechsten Klassen gemeinsam bestreiten.
Daneben macht er das Lehrpersonen-Diplom an der Pädagogischen Hochschule Bern, ebenfalls Teilzeit. Der Aufwand lohne sich. «Ich verstehe die Entwicklungsschritte der Kinder bereits besser und habe didaktische Fortschritte gemacht», sagt er.
Ich verstehe die Entwicklungsschritte der Kinder besser und habe didaktische Fortschritte gemacht.
Für die PH Bern und den Kanton ist der Weg von Kropf ein Musterbeispiel, wie die Weiterbildung von Quereinsteigenden funktionieren sollte. «Das ist auch für die Zukunft und Bildung der Kinder relevant», sagt Jürg Arpagaus, Leiter des Institutes Weiterbildung und Dienstleitung der PH Bern.
Früher oder später bräuchten alle Quereinsteigenden eine Ausbildung, sagt auch Michael Reber, Abteilungsleiter Bildung in Münchenbuchsee. Die Berner Gemeinde beschäftigt gerade im heilpädagogischen Bereich Lehrpersonen ohne Diplom. «Wer länger bleiben will, muss an die PH. Auch zum Schutz von sich selbst. Denn ohne Ausbildung fehlt das nötige Rüstzeug für den Job.»
Zürcher Schulleiter sind erfreut
Dass nun auch im Kanton Zürich das Studium für Lehrpersonen ohne Diplom vereinfacht wird, erleichtert Schulleiterinnen und Schulleiter. «Das ist eine riesige Entlastung», sagt Sandra Aebersold, Co-Schulleiterin einer Primarschule in Volketswil.
Quereinsteiger langfristig zu halten, sei wichtig: «Die Leute zu finden und in die Arbeitswelt zu integrieren, ist ein grosser Aufwand.» Der Kanton Zürich erwartet, dass sich etwa die Hälfte der 530 Lehrpersonen ohne Diplom für ein Studium qualifizieren könnte.