Auf der Wiese vor dem Clublokal eines Hundevereins in Winterthur tollen Hunde in allen Grössen und Farben umher. Bald beginnt ihr Kurs: In der trendigen Hundesportart «Agility» absolvieren die Vierbeiner einen Parcours mit verschiedensten Hindernissen. Sie klettern über schräge Wände, springen über Wippen, laufen durch Tunnels. Allerdings dürfen sie dabei keine Leine tragen, das wäre zu gefährlich. Neuerdings gerät diese Vorschrift jedoch in Konflikt mit dem Gesetz.
Das Clublokal grenzt gleich an den Wald. Und dort herrscht derzeit strenge Leinenpflicht. Sie ist begrenzt auf vier Monate im Frühling und Sommer und soll den Wildtieren ermöglichen, ihren Nachwuchs in Ruhe aufzuziehen.
Verständnis und Bedauern bei den Hundehaltern
Die kynologische Gesellschaft Winterthur, Anbieter der Kurse, wusste sich zu helfen. Ein temporärer Zaun verhindert, dass die Hunde in den Wald laufen könnten. Doch das hat seinen Preis: Die Kosten von rund 5000 Franken müssen die Vereinsmitglieder tragen. Gross darüber ärgern will sich Vereinspräsident Max Hulliger nicht.
Gewisse Dinge sind jetzt einfach so.
Für die neue Leinenpflicht im oder am Wald hat er Verständnis: «Als Hundehalter habe ich das immer schon so gemacht.» Als Vereinspräsident scheint er ein wenig mehr zu hadern. Er sagt aber nur: «Gewisse Dinge sind jetzt einfach so. Es nützt nichts, sich dagegen zu wehren.» Hulliger musste sicherstellen, dass kein Hund in den Wald abhaut. «Das war aber auch bis jetzt nicht der Fall», versichert er.
Auch bei den befragten Hundehalterinnen und -haltern stösst die neue Leinenpflicht auf unterschiedlich viel Verständnis. «Grundsätzlich ist das in Ordnung», sagt eine Frau mit einem Border Collie. «Ich verstehe es, obwohl ich keinen Jagdhund habe». Schade findet sie, dass andere Kantone nicht mitziehen.
«Leute, die ihren Hund im Griff haben, sind jetzt eingeschränkt», bedauert eine andere Hundehalterin. «Es ist schöner, wenn ich den Hund frei laufen lassen kann.» Sie verzichtet deshalb im Moment auf Spaziergänge im Wald. So wie sie äussern sich auch andere Hundehalterinnen und -halter. Alle sind überzeugt: «Ich habe meinen Hund im Griff.»
Ich kann die Hand nicht ins Feuer legen.
Ausnahmen bestätigen die Regel. Eine Hundehalterin räumt ein: «Ich vertraue meinem Hund nicht. Ich kann die Hand nicht ins Feuer legen.» Er könne hetzen, so klein und herzig er auch sei. So viel Ehrlichkeit, sich und dem Hund gegenüber, ist unter den Befragten aber eher selten.
Auch Hundehalter profitieren von einer «Schonfrist»
Die Stadtpolizei Winterthur kontrolliert zur Zeit, ob das neue Gesetz bei den Hundehalterinnen und -haltern angekommen ist. Patrouillen machen bei Bedarf Hundehalter auf die Leinenpflicht aufmerksam. Sie setzen auf Aufklärung. «Bis jetzt kam es deswegen nicht zu Konflikten», sagt Sarah Paul von der Stadtpolizei Winterthur.
Bis jetzt hat die Polizei auch noch keine Bussen ausgestellt. Das wird sich im Lauf des Frühlings ändern. Wer seinen Hund auch nach einer «Schonfrist» noch ohne Leine in die Nähe des Waldes oder in den Wald lässt, muss 60 Franken hinblättern.