- Auf Tessiner Baustellen kontrollieren Bauinspekteure fünf Mal mehr, ob alles richtig zu und hergeht als im Norden der Schweiz.
- Dennoch reichen diese Kontrollen nicht, findet der Tessiner Baumeisterverband.
- Nun will er unter anderem die Bevölkerung einspannen, um Verstösse zu melden. Auch mit einer umstrittenen App.
Der Tessiner Baumeisterverband hat mit seiner Offensive die kleinen Baustellen im Visier. Denn im Gegensatz zu den grossen Baustellen kontrollierten die Inspekteure aus Ressourcengründen auf den kleinen zu wenig.
Gleichzeitig nehmen auf diesen Baustellen die Regelverstösse zu, sagt der Direktor des Baumeisterverbandes, Nicola Bagnovini. «Es ist gut möglich, dass die Konsumentinnen und Konsumenten jetzt noch mehr sparen wollen. Sie vergessen aber dabei, dass sie damit auf dem Buckel der einheimischen Betriebe sparen.»
Verstösse anonym per App melden
Rund 500 Verstösse gegen geltendes Arbeitsrecht gab es letztes Jahr von ausländischen Kleinstunternehmern. «Nicht nur von solchen aus Italien», betont Bagnovini.
Damit es in Zukunft nicht zu einer Zunahme der Regelverstösse auf den kleinen Baustellen kommt, spannt der Baumeisterverband Gemeindemitarbeiterinnen und Gemeindepolizisten ein. Sie sollen künftig melden, wenn sie an einer Baustelle vorbeigehen und ihnen dabei etwas seltsam vorkommt.
Wir wollen, dass der Nutzer der App anonym melden kann, wenn er sieht, dass in seinem Nachbarhaus am Samstag viele Bauarbeiter am Werk sind.
«Wir machen Faltblätter mit Telefonnummern», erklärt der Direktor des Tessiner Baumeisterverbandes. «Dort kann man anrufen, wenn man einen Regelverstoss sieht und wir zeigen auf, wann es sich um Missbrauch handeln könnte. Zum Beispiel, wenn viele Männer arbeiten, aber kein Firmenauto vor der Baustelle steht.» Zudem will der Baumeisterverband auch die Wohnbevölkerung aktiv einbringen – und zwar mithilfe einer Handy-App.
Diese App würde schon existieren, führt Bagnovini aus. Bislang musste der Nutzer, der eine Meldung machte, aber seinen Namen nennen, wenn er ein Bild der betreffenden Baustelle an den Baumeisterverband schickte. «Das schreckte viele ab. Deswegen wollen wir jetzt, dass der Nutzer der App anonym melden kann, wenn er sieht, dass in seinem Nachbarhaus am Samstag viele Bauarbeiter am Werk sind.»
Greift der Datenschützer ein?
Natürlich müsse vermieden werden, dass sich die Bürgerinnen und Bürger gegenseitig ausspionieren, nur weil sie neidisch seien oder ihnen langweilig sei, betont Bagnovini. Das funktionierte am besten durch Wissensvermittlung. Denn wüssten die Leute, was genau Regelverstösse seien, würden sie sich nicht wegen jeder Lappalie melden, ist er überzeugt.
Der Tessiner Baumeisterverband hat also viel zu tun. Auch die App in Umlauf zu bringen, dürfte nicht ganz so einfach werden. Denn der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte hat eine sehr ähnliche App im Kanton Wallis wegen mangelnder rechtlicher Grundlage aus dem Verkehr gezogen.