Für Valérie Favre Accola sind es lange Tage und kurze Nächte: Als Statthalterin, also Gemeindevizepräsidentin, vertritt sie am WEF die Interessen der Gastgebergemeinde Davos. Speziell: Favre Accola, die Ehefrau des ehemaligen Skirennfahrers Paul Accola, ist eingesprungen. Der eigentlich amtierende Landammann Philipp Wilhelm fällt aus gesundheitlichen Gründen aus.
Favre Accolas Tag beginnt an diesem WEF-Mittwoch um 6 Uhr mit der ersten Sitzung. Auf der Agenda stehen vier offizielle Termine sowie ein Besuch im Kongresszentrum. Um 9:30 Uhr steht sie vor dem Rathaus und begrüsst Gäste. In der Grossen Stube hält Hilde Schwab, die Frau von WEF-Gründer Klaus Schwab, einen Vortrag.
Bis am Schluss kann Gastgeberin Favre Accola nicht bleiben, der nächste Termin wartet. Als Repräsentantin von Davos ist sie gefragt: «Ich lehne die Mehrheit der Einladungen ab, nehme nur die wichtigen wahr. Es geht darum, sich mit dem Veranstalter auszutauschen, mit dem Bund, mit dem Kanton.»
Und plötzlich kommt Klitschko
Es geht weiter Richtung «AI House». Auf der Promenade, quasi der Hauptverkehrsstrasse von Davos, kommt ein ukrainischer Amtskollege entgegen. Es ist der Bürgermeister Kiews, Vitali Klitschko, mit seinem Bruder Wladimir. Mit den ehemaligen Boxern hat Favre Accola aber nicht gesprochen.
Vielleicht mit anderen Prominenten? «Das findet regelmässig statt, auf persönlicher und politischer Basis.» Mit wem, verrät sie nicht. «Das ist eben der Wert des WEF, dass solche Gespräche auch abseits der Medien und der Bühne stattfinden.»
Im «AI House» angekommen, wird Favre Accola von Verantwortlichen der ETH und der Fachhochschule Graubünden empfangen. Gespräche in Hinterzimmern gehören hier, eigentlich ein Kleidergeschäft, dazu. Es geht darum, wie die Region von Künstlicher Intelligenz profitieren kann. Spricht die Statthalterin am WEF, geht es um die Gemeinde Davos.
Während des Mittagessens – bei einem Foodtruck – ist Favre Accola viel am Handy und beantwortet Mails. «Ich muss verfügbar sein.» Plötzlich ertönen Kuhglocken. Favre Accola ist irritiert. Es handelt sich um eine unbewilligte Demonstration der Freiheitstrychler. «Wir bekommen viele Demoanfragen. In Absprache mit dem Kanton werden diese auch bewilligt.»
Ehrung für ChatGPT-Miterfinder
Nach der Mittags-«Pause» geht es weiter. Der nächste Termin steht an. Ein für Davos besonders wichtiger: die Unterzeichnung eines Vertrags für den neuen Alpine Tech Summit, eine neue Veranstaltung. «Ein geschichtsträchtiger Moment für Davos», sagt Favre Accola.
Viel Zeit, um anzustossen, bleibt aber nicht. Ein Gruppenfoto, und weiter gehts. Jakob Uszkoreit, dem Kopf hinter ChatGPT, wird der Swiss AI Award verliehen. Statthalterin Favre Accola kann bei der darauffolgenden Diskussion zuhören und für einmal etwas durchatmen.
Ich werde auch diese Nacht nur mit vier Stunden Schlaf auskommen müssen.
Auf dem Weg nach draussen wird sie erneut angesprochen. «Eine Delegation aus China, die sich für Kooperationen im Bereich Forschung und Entwicklung interessiert», erklärt Favre Accola. Es seien genau solche Treffen, welche das WEF zu einer wichtigen Veranstaltung für die Politikerin machen, sagt sie.
Nach über zehn Stunden Händeschütteln, Gespräche führen, Reden halten, Verträge unterschreiben ist es 17 Uhr. Der Tag ist für die Davoser Statthalterin Valérie Favre Accola aber noch nicht vorbei: «Jetzt geht es nochmals ins Kongresszentrum. Ich werde auch diese Nacht nur mit vier Stunden Schlaf auskommen müssen.»
Es sind lange Tage und kurze Nächte in Davos.