Sie starb vor 11 Jahren, lebt aber in vielen Herzen weiter: die Schweizer Märchenkönigin Trudi Gerster. Wer als Kind ihre ungeheuer theatralisch-packende St. Galler Stimme am Radio gehört hat, wie sie Märchenfiguren Leben eingehaucht hat, vergisst sie niemals.
Meine Mutter hätte eine Riesenfreude, wenn sie das wüsste.
Jetzt wird ihr in Basel eine spezielle Ehre zuteil: Eine bei Familien beliebte Grünanlage im Iselin-Quartier ist seit Montag nach ihr benannt. Auf dem blau-weissen Strassenschild stehen auch ihre biografischen Eckdaten.
Trudi Gerster als Volksliebling
Die neue «Trudi Gerster-Anlage» liegt im Westen der Stadt, ein paar Schritte entfernt von der Landesgrenze zum Elsass und zum Gartenbad Bachgraben. «Meine Mutter hätte eine Riesenfreude, wenn sie das wüsste», sagte Tochter Esther Jenny bei der Einweihung.
In Basel kannte man sie nicht nur als Märchen-Königin: Trudi Gerster war eine der ersten Frauen in einem Schweizer Kantonsparlament; dem baselstädtischen Grossen Rat gehörte sie 1968 bis 1980 an. Als sie 2013 im Alter von 93 Jahren starb, nahm die halbe Stadt bei einer öffentlichen Abdankung im Basler Münster Abschied von ihr.
Politikerin mit grossem Herz
Der damalige Basler Regierungspräsident Guy Morin würdigte sie dabei als Märchenerzählerin und Politikerin. Er sagte, ihre Erzählungen hätten vielen Kindern eine Heimat gegeben: In der Märchenwelt, erzählt von der Märchenfee Trudi Gerster, fühlten sie sich aufgehoben und geborgen.
Die Vorsteherin des Basler Justiz- und Sicherheitsdepartements, Stephanie Eymann, hat die Benennung des kleinen Parks nach Trudi Gerster im November offiziell beschlossen. Der Spielplatz hatte bisher keinen eigenen Namen.
Nach Basel kam Trudi Gerster nach ihrer Heirat im Jahr 1948 mit ihrem Mann – die beiden hatten zwei Kinder, bevor sie sich 1954 wieder trennten. Das Leben als Alleinerziehende machte Engagements mit Tourneen schwierig, weshalb sich Trudi Gerster aufs Märchenerzählen spezialisierte.
Architekten beispielsweise, die Bäume abhacken und Parkplätze bauen wollten, liebten mich nicht besonders.
Politisch aktiv war sie zunächst als Parteilose; später vertrat sie den Landesring der Unabhängigen im Grossen Rat. Zu ihren Themen zählten Kulturförderung, Frauenrechte und der Umweltschutz – sie setzte sich etwa gegen neue Atomkraftwerke ein. «Architekten beispielsweise, die Bäume abhacken und Parkplätze bauen wollten, liebten mich nicht besonders», sagte Trudi Gerster 2001 in einem Interview mit TV SRF.
Eine Strasse, respektive einen Platz, nach Trudi Gerster zu benennen, das war auch einmal Thema in St. Gallen gewesen, wo sie 1919 zur Welt gekommen war. Stattdessen richtete der Stadtrat 2014 sogenannte Märchenstationen ein, wo Kinder via QR-Codes ihre Stimme abrufen und in die Märchenwelt abtauchen können.
Trudi Gerster absolvierte die Schauspielschule Zürich und arbeitete ab 1945 als freie Schauspielerin. Bereits 1940 begann sie, regelmässig Märchen im Kinderprogramm von Radio DRS zu erzählen. 2005 erhielt sie den Ehren-Prix Walo für ihr Lebenswerk.